Achim Kessler: Newroz Pîroz Be!

Der Linksabgeordnete Achim Kessler war als Gastredner zu der zentralen Newrozfeier in Frankfurt eingeladen, die wegen der Coronakrise nicht stattfinden konnte. Trotzdem wünscht er allen Menschen einen schönen Frühlingsanfang.

„Das jahrtausendealte Fest hat heute eine wichtige politische Bedeutung. Kurdinnen und Kurden werden weltweit unterdrückt. Ich nehme das Newroz-Fest zum Anlass, meine Solidarität mit ihrem Widerstand zu erklären. Über die Einladung, bei der Newroz-Kundgebung in Frankfurt am Main zu sprechen, habe ich mich sehr gefreut. Dass sie wegen der Corona-Krise abgesagt wurde, ist sehr schade, aber die richtige Entscheidung.“, erklärt Dr. Achim Kessler, Frankfurter Bundestagsabgeordneter der Partei DIE LINKE.

„Es wird Zeit, dass die Bundesregierung Druck auf den türkischen Präsidenten Erdogan ausübt, damit der völkerrechtswidrige Krieg in Syrien beendet wird. Deutsche Waffenlieferungen in die Region müssen sofort gestoppt werden! Erdogan betreibt angeblich den Aufbau einer ‚Schutzzone‘ für syrische Flüchtlinge. In Wahrheit bezweckt er damit aber eine ethnische Säuberung der Region. Denn die einheimischen Kurden, Yeziden und Christen wurden systematisch vertrieben! Ich fordere die Bundesregierung auf, mit allen Mitteln gegen diese Menschenrechtskatastrophe vorzugehen!

Trotz alledem wünsche ich allen Menschen – einen schönen Frühlingsanfang, ein friedliches Newroz-Fest und vor allem ein gesundes neues Jahr!“

Seine in Frankfurt heute nicht gehaltene Rede hat Achim Kessler auf seiner Internetseite veröffentlicht, „damit Newroz auch in Zeiten von Corona wahrgenommen wird“:

Newroz ist der Tag des Widerstandes

Liebe Freundinnen und Freunde, seit Jahrhunderten kämpfen Kurdinnen und Kurden für ihre Freiheit und ihr Selbstbestimmungsrecht. Sie sind eingesperrt in Nationalstaaten, die dieses Recht nicht achten und alles daran gesetzt haben, die Kurden und die kurdische Identität zu vernichten. Die Geschichte des kurdischen Volkes ist geprägt durch Verfolgung auf der einen Seite, aber auch durch Widerstand und Solidarität auf der anderen Seite. Viele haben ihr Leben dabei verloren. Auch ihrer wollen wir heute gedenken!

Heute feiern wir Newroz, das jahrtausendealte Neujahrs-und Frühlingsfest, das im Widerstand gegen den Kolonialismus zu einem politischen Fest geworden ist. Es ist ein Tag, um gegen die Unterdrückung zu protestieren und für die Gerechtigkeit und die Solidarität! Ich freue mich sehr, dass ich heute diesen wichtigen Tag mit Euch gemeinsam hier in Frankfurt am Main feiern kann. Herzlichen Dank für die Einladung hier heute zu sprechen!

Unter viel schwereren Bedingungen wird Newroz in der Türkei und in Rojava gefeiert. In Nordkurdistan sind die Menschen mit der Willkür und Brutalität des türkischen Staates konfrontiert. Die Lage in Amed ist angespannt und es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass dieses Unrecht bekannt wird, und die Menschen in der Region zu unterstützen. Die ökonomische und ökologische Zerstörung des Lebensraums der Kurdinnen und Kurden, die durch den Krieg in Syrien und durch die türkische Besatzung in Nordkurdistan systematisch betrieben wird, darf von der deutschen Bundesregierung nicht länger stillschweigend toleriert werden. Die Bundesrepublik ist einer der wichtigsten Handelspartner der Türkei und das nicht nur beim Export von Rüstungsgütern. Aber anstatt auf den NATO-Partner Druck auszuüben, lässt sich die Bundesregierung von Erdogan erpressen. Freundinnen und Freunde, das muss ein Ende haben!

In Rojava ist die Lage aufgrund der Invasion der Türkei und der islamistischen Söldner nicht besser. Dort kämpfen Frauen und Männer, YPJ und YPG zusammen mit den Demokratischen Kräften Syriens, um das zu verteidigen, was sie sich aufgebaut haben: den Demokratischen Konföderalismus, der Gleichberechtigung der Geschlechter und zwischen den Ethnien und Religionen garantiert.

Im deutschen Bundestag muss ich mit ansehen, wie die Bundesregierung mit Erdogan paktiert und das, obwohl er mit deutschen Waffen einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Menschen in Rojava führt. Die türkischen Truppen kämpfen in Syrien Seite an Seite mit den schlimmsten islamistischen Söldnern und dschihadistischen Mörderbanden, um die Kurdinnen und Kurden zu unterdrücken, um ihren Freiheitskampf zu zerschlagen!

Die Besatzungstruppen wollen eine sogenannte Schutzzone errichten und eine Millionen syrische Flüchtlinge, auch gegen ihren Willen, dort ansiedeln. Hier geschieht nichts anderes als eine ethnische Säuberung, denn vorher wird, wie zuvor in Afrin, die kurdische, yezidische und christliche Bevölkerung der Region vertrieben. Der IS, der zuvor von den Demokratischen Kräften Syriens vertrieben wurde, ist mit Hilfe der AKP-Regierung zurückgekehrt.

Die Rüstungsgüter, die die türkische Armee dabei nutzt, werden auch hier in Hessen produziert. Dabei sollte dies der Ort sein, an dem sich Menschen sicher fühlen, Schutz erhalten und nicht der Ort, von dem Panzer stammen, die sie vertrieben haben! Die Partei DIE LINKE verlangt einen umfassenden Lieferstopp deutscher Waffen an die Türkei. Den Großmächten und ihren Verbündeten geht es um geostrategischen Interessen und die natürlichen Ressourcen der Region. Die Kurden haben nie von den Bodenschätzen profitiert, sie waren immer ein Spielball der Groß-und Regionalmächte. Die PKK, die kurdische Freiheitsbewegung hat dieser Ausbeutung den Kampf angesagt und will dabei mit allen Völkern der Region zusammengehen. Ihr Kampf um Freiheit verdient unsere Unterstützung!

Heute versammeln sich die Kurdinnen und Kurden, um der Welt zu zeigen, dass sie da sind, dass sie für ihre Freiheit eintreten und viele andere Menschen feiern Newroz mit ihnen, weil wir die gleichen Ziele haben! Newroz ist der Tag des Widerstandes! Newroz Pîroz Be!