Der in der Türkei inhaftierte kurdische Politiker und Arzt Adnan Selçuk Mızraklı ist in das Hochsicherheitsgefängnis Edirne verlegt worden. Das teilte der Rechtsbeistand des 59-Jährigen am Freitag in Amed (tr. Diyarbakır) mit. Mızraklı, der kurz nach seiner Verhaftung im Oktober 2019 in ein Gefängnis in der zentralanatolischen Stadt Kayseri überstellt worden war, wird sich in Edirne eine Zelle mit dem früheren HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş teilen. Dessen langjähriger Zellenpartner Abdullah Zeydan war Anfang Januar überraschend freigelassen worden.
Adnan Selçuk Mızraklı war bei der Kommunalwahl im März 2019 zum Ko-Oberbürgermeister der nordkurdischen Großstadt Amed gewählt worden. Im August desselben Jahres wurde er auf Betreiben des türkischen Innenministeriums von dem Posten gewaltsam abgesetzt und durch einen regierungstreuen Statthalter im Rathaus ersetzt. Das gleiche Szenario spielte sich an dem Tag auch in den HDP-Hochburgen Wan und Mêrdîn ab. In der Folge wurden dutzende Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der HDP und ihrer kurdischen Schwesterpartei DBP von ihren Posten entfernt. Einige von ihnen sitzen noch immer in Untersuchungshaft.
Mızraklı, der bis zu seiner Wahl zum Bürgermeister als Arzt arbeitete und im Vorstand der später per Notstandsdekret verbotenen Lebensmittelbank Sarmaşık saß, wurde im März 2020 auf Grundlage der Aussagen der Kronzeugin Hicran Berna Ayverdi unter dem Vorwand einer angeblichen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ zu neun Jahren, vier Monaten und 15 Tagen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Juli 2020 wurde das Urteil im Revisionsverfahren bestätigt. Ein anderes Verfahren gegen den Politiker wegen vermeintlicher Terrorpropaganda ist weiter anhängig.
Derzeit in Quarantänezelle
In Edirne befindet sich Adnan Selçuk Mızraklı derzeit noch in einer Quarantänezelle und wird von seinen Mitgefangenen isoliert. Laut der derzeit in der Türkei gültigen Verordnung wird die Quarantäne und Isolierung nach fünfzehn Tagen beendet – Voraussetzung in die Verlegung der Gemeinschaftszelle ist allerdings der Erhalt eines negativen Ergebnisses eines PCR-Tests oder eines zertifizierten Antigen-Tests.