Şengal-Protest vor UN-Büro in Genf

Vor dem Genfer Büro der Vereinten Nationen ist gegen das zwischen Bagdad und Hewlêr geschlossene Abkommen zur Zukunft von Şengal protestiert worden. Die Demonstranten forderten einen offiziellen Status für das ezidische Hauptsiedlungsgebiet.

Vor dem Büro der Vereinten Nationen in Genf haben zahlreiche Menschen gegen das Abkommen zur Zukunft des ezidischen Hauptsiedlungsgebiets Şengal protestiert. Aufgerufen zu der Demonstration, deren Motto „Nein zur Besatzung von Şengal“ lautete, hatte der Dachverband der demokratisch-kurdischen Vereine in der Schweiz (CDK-S). Das Abkommen zwischen der irakischen Zentralregierung und der südkurdischen Autonomieregion war am 9. Oktober unter UN-Aufsicht in Bagdad getroffen worden. Weitere Akteure sind die Türkei und die USA.

Die Demonstration begann am Nachmittag auf der zentralen Rue de Chantepoulet und führte hinter einem Fronttransparent mit der Aufschrift „Wir lassen keinen zweiten Genozid in Şengal zu“ und einem Fahnenmeer aus Flaggen verschiedener kurdischer Organisationen bis zum Völkerbundpalast. Dort mündete der Marsch nach etwa einer Stunde in eine Kundgebung. Im Anschluss an eine Schweigeminute im Gedenken an den Guerillakämpfer Çekdar Amed (Azad Şık), der im September bei Auseinandersetzungen mit türkischen Operationseinheiten in der Cilo-Region im nordkurdischen Colemêrg (türk. Hakkari) ums Leben gekommen ist, ergriff die kurdische Exilpolitikerin Nezahat Ergüneş als Ko-Vorsitzende des CDK in Lausanne das Wort und hielt eine Rede.

 

Die frühere Bürgermeisterin von Sîxkê (Bostaniçi) in Wan forderte die Vereinten Nationen und Europa auf, das Selbstbestimmungsrecht der Ezidinnen und Eziden zu respektieren und anti-ezidischen Plänen der Türkei keinen Raum zu geben. „Das, was der IS gestern in Şengal tat, will der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan heute fortsetzen. Es darf nicht sein, dass die UN und Europa zu Handlangern des türkischen Faschismus werden“, sagte Ergüneş. „Wir fordern einen offiziellen Status für Şengal.“

Scharfe Proteste gegen Abkommen

Ezidische Organisationen sprechen dem Abkommen jede Legitimität ab, da die Betroffenen nicht in die Beschlussfindung einbezogen worden sind. Laut der Vereinbarung soll die Region wieder unter die Kontrolle der PDK kommen. Das Abkommen beinhaltet offenbar auch die Auflösung der ezidischen Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) und der Fraueneinheiten Şengals (YJŞ) und ihre Ersetzung durch irakische Truppen und PDK-Peschmerga. Die PDK hatte die Eziden mit ihrem blitzartigen Rückzug in der Nacht des 3. August 2014 den Mörderbanden des „Islamischen Staat” (IS) überlassen.

Aufruf zur Teilnahme an Straßburger Sit-In

Im Anschluss an die Rede von Ergüneş wurde eine Erklärung verlesen, mit der zur Teilnahme am Sit-In für die Freiheit von Abdullah Öcalan vor dem Europarat im französischen Straßburg aufgerufen wurde. Die Mahnwache war vor knapp zwei Wochen im Rahmen der KCK-Offensive „Schluss mit Isolation, Faschismus und Besatzung – Zeit für Freiheit“ eingeleitet worden.