Seit über 150 Jahren gibt es eine tiefgreifende Partnerschaft zwischen der Türkei und Deutschland. Das bedeutet: seit über 150 Jahren führen beide Staaten in einer Waffenbrüderschaft Krieg. Diese Waffenbrüderschaft ist bis heute ungebrochen, überdauerte jede Regierung und jede Wandlung der Tagespolitik.
Der Aktivist und freie Journalist Tim Krüger hat diese Tatsache bei einer Veranstaltung im Januar in Bremen vor mehr als 50 Personen fundiert und historisch genau begründet. Dabei wurde deutlich, dass diese Partnerschaft mehr als Handelsbeziehungen zwischen zwei Staaten ist. Deutschland liefert nicht nur Waffen und bildet Polizei- und Militäreinheiten aus, sondern war und ist ideologisch eng mit der Türkei verbunden. War es vor dem zweiten Weltkrieg das deutsche Interesse, Zugang zum indischen Ozean zu erhalten sowie den britischen Einfluss zu begrenzen, ist es heute die gemeinsame NATO-Ideologie. Nach dem zweiten Weltkrieg ist die Türkei bewusst als strategische Partner zur Eindämmung des Kommunismus eingesetzt worden. Deutschland unterstützte und unterstützt die Türkei beständig bei der Unterdrückung von Befreiungsbewegungen und Oppositionellen, damit sich der türkische Staat als Regionalmacht etablieren konnte.
Diese Politik fand ihren traurigen Höhepunkt im Genozid an den Armenier:innen und in dem fortgesetzten Völkermord an den Kurd:innen. Aber selbst bei diesen Verbrechen war Deutschland enger Kooperationspartner. So wurde der Völkermord an den Armenier:innen nicht nur unter den Augen, sondern mit Beteiligung der deutschen Militärmission vollzogen. Auch die bis heute andauernde Verfolgung von Oppositionellen in Deutschland durch sowohl den deutschen als auch türkischen Staat muss als Kooperation zwischen den beiderseitigen Interessen verstanden werden.
Neben der Kooperation bei Repressionen sind die fortbestehenden Waffenexporte Deutschlands ein aktuelles Thema. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts war die BRD der größte europäische Waffenexporteur an die Türkei mit einem totalen Exportvolumen von einer Milliarde Euro bis 2017. Seit 2019 macht der deutsche Staat keine Angaben mehr über Abnehmer der exportierten Waffen. Die jahrzehntelange Kooperation im Rüstungswesen und die immer weiter steigenden Zahlen bis 2019 lassen aber darauf schließen, dass die Türkei weiterhin in großen Mengen beliefert wird. Die Türkei ist eine der wichtigsten Handelsregionen für die BRD. Tausende deutsche und türkische Firmen sind miteinander verbunden. Oder wie Duran Kalkan es sagte: Es sind „zwei Staaten mit einem gemeinsamen Kapitalismus“.
So kamen die Teilnehmenden auf der Veranstaltung in Bremen bei der anschließenden Diskussion mit dem Referenten Tim Krüger zu dem Schluss, dass keine Änderungen zu erwarten sind, wenn an den Staat oder an einzelne Parteien appelliert wird. Änderungen gegen die mörderischen Kooperation beider Staaten lassen sich nur gegen das Interesse des Kapitals durchsetzen. Dies habe die Geschichte der beiden Staaten gezeigt.
Das Fazit der Veranstaltung war, dass soziale Bewegungen Druck ausüben müssen, um eine demokratische Veränderungen in der Türkei und Deutschland zu bewirken. In diesem Sinne hat sich mit Defend Kurdistan-HB eine Bremer Solidaritätsgruppe vorgestellt und aufgerufen, sich an Aktionen zu beteiligen bzw. sich bei ihr zu organisieren ([email protected]).
Die Veranstaltung wurde organisiert von der Rosa Luxemburg Stiftung Bremen, dem Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentrum, der interventionistischen Linke Bremen (iL) und der Rosa-Luxemburg-Initiative – Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen (RLI) und ist hier nachzuhören.