Informationsstelle Antikurdischer Rassismus
Die Informationsstelle Antikurdischer Rassismus (IAKR) beobachtet eine besorgniserregende Zunahme der Verwendung türkisch-ultranationalistischer Zeichen bei der Fußballeuropameisterschaft und wirft der Politik Versagen im Umgang mit den „Grauen Wölfen“ vor. „Diese Symbole und Gesten stehen in direktem Zusammenhang mit der menschenverachtenden Ideologie der Grauen-Wölfe-Bewegung, was erhebliche Gefahren für Minderheiten und politische Oppositionelle birgt. Die ungehinderte Verbreitung dieser Symbolik fördert ein Klima der Angst und Einschüchterung, das nicht ignoriert werden darf“, sagte Civan Akbulut, Vorsitzender der IAKR, am Freitag in einer Mitteilung.
Die Anfang des Jahres nach dem Vorbild der Meldestellen für Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Duisburg gegründete Informationsstelle erfasst und dokumentiert kurdenfeindliche Vorfälle in Deutschland und will Betroffenen eine Stimme verleihen, um das Bewusstsein für antikurdischen Rassismus zu schärfen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Aufklärung über die Historie, Ausdrucksweisen und Dynamiken von antikurdischem Rassismus und der Förderung themenbezogener wissenschaftlicher Arbeit. Zu der aktuellen Situation im Zusammenhang mit der Europameisterschaft im Männerfußball erklärt der IAKR-Vorstand:
Eine der größten rechtsextremen Bewegungen in Deutschland
Die türkisch-ultranationalistische Graue-Wölfe-Bewegung vertritt eine antidemokratische, antisemitische und rassistische Ideologie. Sie befürwortet ein großtürkisches Reich (Turanismus) und sieht Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele, oft gegen Kurd:innen und andere Minderheiten gerichtet. Bekannt für unzählige tödliche Angriffe gegen Oppositionelle, gilt sie auch international als besonders gewaltbereit und mobilisierungsstark. In Deutschland gehört sie zu den größten rechtsextremen Bewegungen.
Graue Wölfe sind bei der EM omnipräsent
Seit Beginn der Europameisterschaft sind türkisch-ultranationalistische Symbole omnipräsent. So sehr, dass man mittlerweile mit Fug und Recht sagen kann, dass diese Symbole vielerorts zum festen Bestandteil des Standbildes wurden, vor allem vor, während und nach Türkei-Spielen. Ein Zustand, der äußerst besorgniserregend ist und die Frage aufwirft, ob die Bundesregierung und insbesondere das Innenministerium diesen offensichtlichen Missstand möglicherweise bewusst ignoriert und eine ernsthafte Auseinandersetzung verschleppt. Material, welches den ultranationalistischen und antidemokratischen Charakter dieser Bewegung belegt, gibt es zur Genüge.
Kurde in Berlin getötet
Dabei werden auch Autokorsos missbraucht. Autokorsos und die dominante Präsenz im Straßenbild wirken einschüchternd und sind eher Ausdruck einer im Fußball bewährten Gewaltkultur als fröhliches Beisammensein. Es kam in diesem Rahmen auch wiederholt zu Provokationen und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr. So auch in Berlin: Ein 67-jähriger Kurde wurde von einem viel zu schnell fahrendem Fahrzeug, welches Teil eines solchen Autokorsos war, erfasst und verstarb an den Verletzungen. Statt erste Hilfe zu leisten, flüchteten die Insassen des Fahrzeugs. Dieser Vorfall hat uns zutiefst erschüttert. Der Fußball hat viele positive Eigenschaften, wie die Stärkung des Zusammenhalts und die Förderung gegenseitigen Respekts. Diese Werte stehen im direkten Gegensatz zu den jüngsten Vorfällen. Die aktuelle Situation untergräbt die integrative Kraft des Sports und schafft unsichere Räume. Das muss schnellstmöglich unterbunden werden.
Die Bundesregierung muss endlich handeln
Wir fordern die Bundesregierung daher auf, endlich entschlossen gegen die Graue Wölfe-Bewegung vorzugehen. Ein Verbot dieser Bewegung wäre ein wichtiger Schritt, um die Sicherheit und das Zusammenleben in Deutschland zu schützen. Es darf nicht zugelassen werden, dass rassistische und ultranationalistische Bewegungen in unserer Gesellschaft Fuß fassen und ungehindert agieren können. Obwohl der Bundestag 2020 beschloss, ein Verbot der Grauen-Wölfe-Bewegung zu prüfen, blieb eine entsprechende Gesetzgebung bisher aus. Dies ist ein fatales Zeichen. Frankreich hingegen hat diese Bewegung bereits verboten, was zeigt, dass ein solches Verbot nicht nur möglich, sondern auch dringend notwendig ist. Die Bundesregierung muss endlich handeln.