Mauro Palma fordert Überprüfung von Öcalans Haftbedingungen

Der ehemalige Präsident des europäischen Antifolterkomitees (CPT), Mauro Palma, fordert eine Überprüfung der Haftbedingungen von Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali.

„Geisel eines politischen Konflikts“

Abdullah Öcalan wurde vor 25 Jahren in die Türkei verschleppt und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Aussicht auf Entlassung verurteilt. Der letzte bestätigte Kontakt zu ihm war ein nach wenigen Minuten unterbrochenes Telefonat mit seinem Bruder im März 2021. Das Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) ist das einzige Gremium, das alle Haftanstalten in den Mitgliedsländern des Europarats inspizieren kann und somit auch in Erfahrung bringen könnte, wie der Zustand von Öcalan und seinen drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş auf der Gefängnisinsel Imrali ist. Bei dem letzten Türkei-Besuch des Antifolterkomitees im Februar 2024 wurde Imrali jedoch ausgelassen.

Mauro Palma war von 2007 bis 2011 Präsident des CPT und hat Imrali damals besucht. Der italienische Wissenschaftler gilt international als einer der führenden Experten im Kampf gegen Folter und hält die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan für untragbar. In einem offenen Brief an das Antifolterkomitee fordert Palma eine Überprüfung der Haftsituation und schreibt:

„Ich habe nie geglaubt, dass lebenslange Haft eine Strafe ist, die mit der Achtung der Person vereinbar ist, vor allem dann nicht, wenn es nicht möglich ist, sie nach einer beträchtlichen Anzahl von Jahren zu revidieren, d.h. wenn es sich um eine lebenslange Strafe ohne die Möglichkeit der Hoffnung handelt. Dieser Standpunkt steht im Übrigen im Einklang mit den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg. Auch das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT), dessen Vorsitz ich in den vergangenen Jahren innehatte, hat sich zwar nicht in die Gesetzgebung der einzelnen Staaten eingemischt, aber stets den Grundsatz aufgestellt, dass jede Verurteilung eine Chance auf eine positive Wiedereingliederung in die Gemeinschaft haben sollte, um so dem Zeitpunkt der Strafvollstreckung einen Sinn zu geben.“

Dieser Grundsatz gelte umso mehr, „wenn der zu lebenslanger Haft Verurteilte zum ,Sklaven' einer politischen Auseinandersetzung wird, die seiner Inhaftierung implizit eine Botschaftsfunktion und eine symbolische Konnotation zuweist, die über die Berücksichtigung der Person, ihrer Entwicklung, ihrer Subjektivität hinausgeht. Die inhaftierte Person wird so fast zu einer ,Geisel' von etwas, das über ihr Haftverhalten und ihre Gesprächsmöglichkeiten hinausgeht“.

Öcalan werde sozial isoliert und das Haftregime auf Imrali sei mehr und mehr zu einem Element eines politischen Konflikts geworden, so Mauro Palma: „Deshalb glaube ich, dass sich die europäischen Kontrollorgane wieder für seine Haftsituation interessieren und sie direkt überprüfen müssen, um einen Weg zu finden, damit sie in den Rahmen der Normen fällt, die Europa in jedem Land und für alle durchsetzen will.“