Ali Özel wegen PKK-Mitgliedschaft zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

Ali Özel wurde in Frankfurt wegen PKK-Mitgliedschaft zu vier Jahren Haft verurteilt. AZADÎ kritisiert: Die deutsche Justiz steht auf der falschen Seite der Geschichte, wenn sie im Sinne des Erdoğan-Regimes die Vorgaben der Bundesregierung exekutiert.

Weg mit § 129

Der kurdische Aktivist Ali Özel ist am Freitag vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wegen angeblicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Der 8. Strafsenat, vor dem seit letztem April gegen den 56-Jährigen verhandelt wurde, sah es als erwiesen an, dass er seit Mitte Juli 2019 bis zu seiner Festnahme Ende Mai 2022 als „hauptamtlicher Kader“ für die PKK tätig gewesen sei.

Als „Gebietsverantwortlicher“ für das „PKK-Gebiet“ Gießen und später auch Kassel und Erfurt habe Özel typische Leitungsaufgaben wahrgenommen, wie etwa Anweisungen gegeben und deren Ausführung kontrolliert, Veranstaltungen und Versammlungen organisiert und Spenden gesammelt, so das Gericht. Weil er dies als Mitglied der PKK getan habe, verurteilte ihn der Staatsschutzsenat wegen „mitgliedschaftlicher Betätigung in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ nach §§129a/b StGB. Eine individuelle Straftat wurde ihm nicht vorgeworfen.

Bereits 2016 verurteilt

Ali Özel war bereits 2016 vom OLG Stuttgart wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Auch wegen dieser Vorstrafe hatte die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer letzte Woche eine Strafe von fünf Jahren Haft gefordert. Dieser Forderung folgte der Senat am 42. Verhandlungstag nur bedingt.

Ungewöhnlich deutliche Worte eines Richters zur Lage in Kurdistan

Das Verhalten des Angeklagten sei laut Gericht von seiner Biografie her durchaus nachvollziehbar. Außerdem ging der vorsitzende Richter sowohl im Verlauf der Hauptverhandlung als auch in der mündlichen Urteilsbegründung auf die Situation in Kurdistan ein und fand deutliche Wort gegenüber der Politik des türkischen Staates. Den Kurd:innen würde grobes Unrecht getan, die Beteiligung der Türkei an dem Dreifachmord an den kurdischen Aktivistinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez 2013 in Paris sei naheliegend, sie setze international geächtete Chemiewaffen gegen die Guerilla ein und habe sich mit dem terroristischen Islamischen Staat eingelassen, außerdem seien die Angriffe in Nordsyrien und im Nordirak zunehmend völkerrechtswidrig.

Verteidiger: Gericht hätte Konsequenzen aus Situation der Kurden ziehen müssen

Ali Özels Verteidiger, Rechtsanwalt Frank Jasenski, erkannte an, dass das Gericht es sich nicht einfach gemacht habe und die Situation der Kurd:innen zu erfassen versucht hätte. Es habe allerdings keine Konsequenzen daraus gezogen und statt den Widerstand der Kurd:innen als legitimen Befreiungskampf und nachvollziehbare Reaktion zu bewerten, an der herrschenden Rechtsprechung festgehalten und seinen Mandanten schließlich verurteilt.

AZADÎ: Umdenken an OLG und Politikwechsel der Bundesregierung nötig

Der Rechtshilfefonds AZADÎ kritisiert die Verurteilung Ali Özels, die die dritte Verurteilung eines Kurden durch ein deutsches Gericht nach §§ 129a/b StGB innerhalb von anderthalb Wochen ist. Sabri Çimen war vom OLG Koblenz am 13. März und Tahir Köçer vom OLG München am 15. März wegen Mitgliedschaft in der PKK verurteilt worden. „Auf diese Weise steht die deutsche Justiz auf der falschen Seite der Geschichte, wenn sie im Sinne des Erdoğan-Regimes die Vorgaben der Bundesregierung exekutiert. Das Bundesjustizministerium erteilt schließlich eine Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung einer Organisation nach § 129b StGB. Daher braucht es dringend ein Umdenken an den Oberlandesgerichten sowie einen Politikwechsel der Bundesregierung, wenn auf absehbare Zeit ein Weg aus dem Kurdistan-Konflikt gefunden werden soll“, erklärte AZADÎ. Das OLG Frankfurt habe heute diese Chance vertan.

ANF / PM AZADÎ