Beim zehnten globalen Klimastreik der Umweltbewegung Fridays for Future protestierten heute weltweit Hunderttausende unter dem Motto #PeopleNotProfit für Klimagerechtigkeit. Demonstriert wurde diesmal nicht nur für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels, sondern auch in Solidarität mit der Ukraine. Auch in Österreich folgten Tausende dem Aufruf zum Klimastreik, allein in Wien waren laut den Veranstaltenden mindestens 10.000 Menschen dabei. Unter ihnen waren auch Aktive der Kampagne #RiseUp4Rojava.
Die Demonstration in Wien startete um 13.30 Uhr beim Stubentor und führte in Richtung Praterstern. Die Abschlusskundgebung gab es ab 16.00 Uhr in der Venediger Au. Die Wiener Klimaaktivistin Marlene Seidel sagte: „Wir können nicht weiter ignorieren, dass der Angriffskrieg in der Ukraine durch die Öl- und Gasimporte der EU mitfinanziert wird. Unsere Abhängigkeit von Putins fossilen Energieträgern muss heute enden. Das sind wir den Menschen in der Ukraine schuldig.“ Kritisiert wurde auch das Entlastungspaket der Regierung, dass eine „noch immer rückwärtsgewandte“ türkis-grüne Klimapolitik aufzeige: „Für die sozial ungerechte und klimaschädliche Pendlerpauschale werden 400 Millionen Euro aufgewendet, während Öffis mit nur zusätzlich 150 Mio. Euro gefördert werden“, so Seidel.
#RiseUp4Rojava: Klimagerechtigkeit ist international
Für die Kampagne #RiseUp4Rojava sprachen zwei Aktive der Klimagerechtigkeitsbewegung, darunter Anselm Schindler. Nachfolgend dokumentiert ANF den vollständigen Beitrag:
„Wir freuen uns sehr, heute wieder mit so vielen Menschen auf der Straße zu sein – und das nicht nur in Wien, sondern in der ganzen Welt. Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist eine internationale Bewegung, sie weist schon heute über die Grenzen, die die Herrschenden zwischen den Menschen gezogen haben, hinaus.
Wir sind von Rise Up 4 Rojava, einer Solidaritätskampagne für Kurdistan und Rojava. Viele von euch hören vielleicht zum ersten Mal von Rojava und fragen sich was das eigentlich ist. Deswegen wollen wir euch zu Beginn einen kurzen Überblick geben:
Rojava ist ein mehrheitlich kurdisches Gebiet in Nordsyrien, in dem es seit 2012 eine Revolution gibt. Es ist eine basisdemokratische, feministische und auch ökologische Revolution. Vieles, wovon wir hier in der Klimagerechtigkeitsbewegung reden, wird in Rojava bereits in die Praxis umgesetzt: Möglichst viele Lebensbereiche werden basisdemokratisch gestaltet, es gibt in allen Gesellschaftsbereichen Frauenstrukturen, um der männlichen Dominanz entgegenzuwirken, außerdem wird in der Wirtschaftsplanung Ökologie als zentraler Punkt mitgedacht.
Krieg durch Zerstörung ökologischer Grundlagen
Das ist auch bitter nötig: Denn die Menschen in der Region sind mit großen ökologischen Problemen konfrontiert. Diese Probleme haben einerseits mit dem Klimawandel zu tun und andererseits mit dem Krieg, den das türkische Regime gegen die Autonomieregion führt. Und dieser Krieg wird nicht nur mit Waffen geführt, sondern auch durch die Zerstörung der ökologischen Lebensgrundlagen. Ein Beispiel dafür ist die Errichtung von Staudämmen an Euphrat und Tigris, den zwei wichtigsten Flüssen in der Region. Diese Staudämme führen zu Austrocknung von Syrien und auch Teilen des Irak. Zusätzlich dazu werden von der türkischen Armee immer wieder aus taktischen Gründen Waldbrände verursacht. Man kann sich vorstellen, was das auch in Bezug auf die Klimakrise bedeutet.
Ich war selbst in Rojava, unter anderem, um mich an einer Wiederaufforstungskampagne zu beteiligen. Und ich habe selbst gesehen, was die Klimakrise und der Krieg gegen Mensch und Natur dort für Folgen haben. Wenn man mit den Menschen in der Region ins Gespräch kommt, erzählen sie oft, dass jedes Jahr weniger Regen fällt und dass die Flüsse austrocknen. Und auch, dass das fruchtbare Ackerland immer weniger wird.
Der Krieg gegen Mensch und Natur sind weder in Kurdistan und Rojava, noch in anderen Teilen der Welt nur das Werk von einzelnen Tyrannen, sondern sind Folge eines Wirtschaftssystems, in dem es um Profite geht und nicht um Menschen und Nachhaltigkeit. In den Konflikten im Mittleren Osten geht es auch um den Zugang zu Rohstoffen. Von diesen fossilen Rohstoffen sind unter anderem die Profite der Konzerne in Europa und den USA abhängig. Deshalb sind auch westliche Staaten an Kriegen in der Region beteiligt. Und deshalb unterstützen westliche Staaten Regime wie das Erdogan-Regime, das gegen Rojava Krieg führt. Wir sind dagegen, dass für Rohstoffe und Einfluss Kriege geführt werden, ob in Rojava, in der Ukraine oder sonst wo! Wir sagen: People Not Profit!
Die Lösung liegt in einem anderen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem
Aber wie kommen wir zu einer Welt mit weniger Kriegen und Aufrüstung? Die Lösung liegt in einem anderen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Die Lösung liegt in einem System, in dem die wir die Energieversorgung dezentral organisieren und ohne fossile Energieträger. Die Lösung liegt in einem System, in dem die Produktion auf Bedarf und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, in dem die Produktion demokratisch geplant wird. Die Lösung liegt in einem System, in dem die Produktionsmittel der Gesellschaft gehören und in der nicht alle in Konkurrenz zueinanderstehen. Denn es ist die kapitalistische Konkurrenz zwischen Konzernen und Staaten, die in letzter Konsequenz zum Krieg führt!
US-Militär stößt mehr CO2 aus als Portugal
Mit zunehmender Konkurrenz zwischen den USA und Russland, aber auch zwischen neuen imperialistischen Mächten wie China und Indien nehmen auch Kriege wieder zu. Als Klimabewegung müssen wir uns gegen diese Kriege stellen. Und wir dürfen nicht zulassen, dass sie auch hierzulande als Begründung für mehr Aufrüstung dienen. Denn wir haben in der Vergangenheit immer wieder gesehen, dass Aufrüstung nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu mehr Krieg führt. Zusätzlich verschärft Aufrüstung die Klimakrise – ein bekanntes Beispiel, das das belegt ist, dass allein das US-Militär mehr CO2 ausstößt als das gesamte Land Portugal.
Firmen profitieren von Aufrüstung und Krieg
Es sind auch Firmen in Wien, die von Aufrüstung und Krieg profitieren. Wie viele von euch bestimmt wissen, hat auch der Nutzfahrzeuge- und Rüstungshersteller Rheinmetall-MAN ein Werk in Wien. Hergestellt werden in diesem Werk unter anderem Militärfahrzeuge und Bauteile für anderes Kriegsgerät, welches dann an Staaten wie die Türkei geliefert wird, die damit wiederum völkerrechtswidrige Angriffskriege führen. Wie zum Beispiel den gegen Rojava.
Deutsche und österreichische Konzerne Mittäter von Umweltzerstörung und Krieg
Wir fordern eine Umstellung von Rheinmetall-MAN und anderen Rüstungsunternehmen auf zivile Produktion. Anstatt dass weiterhin Kriegsgeräte hergestellt werden, müssen Überlegungen angestellt werden, von welcher Produktion die Gesellschaft tatsächlich profitiert. Das können etwa Busse sein, die dem Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes dienen. In all unserer Auseinandersetzung mit der Klimakrise dürfen wir nicht vergessen, dass Aufrüstung und Krieg ein wichtiger Faktor für die Klimakrise sind. Und wir dürfen nicht vergessen, dass deutsche und österreichische Konzerne die Finger mit im Spiel haben, wenn es um Umweltzerstörung und Krieg geht.
In diesem Sinne: Rheinmetall-MAN und alle anderen Kriegsprofiteure entwaffnen!
Schluss mit Waffenexporten und Schluss mit den Kriegen, in Rojava, in der Ukraine und überall!“