Am Amtsgericht Eschweiler findet morgen der vorerst vermutlich letzte Verhandlungstag im Prozess gegen fünf Klimaaktivist*innen um die Blockade des Braunkohlekraftwerks Weisweiler im November 2017 statt, erklärt die Solidaritätskampagne „WeDon’tShutUp“. Weiter heißt es in ihrer Erklärung:
Der Strafprozess läuft vor dem Hintergrund einer anhängigen Schadensersatzklage des Betreiberkonzerns RWE in Höhe von gut zwei Millionen Euro gegen die Aktivist*innen.
Die Aktion während der UN-Klimakonferenz in Bonn hatte zu einer fast vollständigen Abschaltung des Kraftwerks geführt und den Ausstoß von 26.000 Tonnen verhindert.
Die Angeklagten wollen im Prozess beweisen, dass die Blockade vor zwei Jahren, welche zum fast vollständigen Abschalten des Kraftwerks geführt hat, angesichts der fortschreitenden Klimakrise notwendig war, und somit gemäß „rechtfertigenden Notstandes“ straffrei bleiben muss. Dazu hatten sie bereits zum ersten Termin einen Klimawandelbetroffenen aus Tansania als Zeugen geladen sowie mehrere Wissenschaftler*innen als Sachverständige.
Der morgige Termin hat Symbolkraft: Genau wie zum Zeitpunkt der Blockade finden gerade in Madrid die UN-Klimaverhandlungen statt. Die Aktivist*innen verweisen darauf, dass die deutsche und internationale Klimapolitik völlig versagt hat und die Emissionen weiter steigen. Die Menschen müssten daher den Schutz ihrer Lebensgrundlagen vor Konzernen wie RWE selbst in die Hand nehmen: „Die verhandeln schon länger als ich lebe, und weiterhin werden jedes Jahr die Prognosen zum Weltklima nur immer noch schlimmer. Klimagerechtigkeit bleibt Handarbeit! Die Aktion am Kraftwerk hat Schaden verhindert, den RWE jeden Tag verursacht.“, so der Angeklagte Mike. Mit seiner Enttäuschung steht er nicht alleine da: Am 20. September hatten 1,4 Millionen Menschen in Deutschland für wirksamen Klimaschutz demonstriert, während die Bundesregierung ihr Klimapaket vorstellte, das von der Klimawissenschaft einhellig als unzureichend zurückgewiesen wurde.
Die Angeklagten berufen sich auf rechtfertigenden Notstand. Am vergangenen Prozesstag wurden dazu zwei Sachverständige – eine Meteorologin und ein Kinderarzt - gehört. Sie berichteten, dass durch die Luftverschmutzung des Kraftwerks Weisweiler jährlich 278 Menschen in der Region ums Leben kommen. Außerdem trägt das Kraftwerk als großer CO2-Einzel-Emmitent messbar zur Klimakatastrophe bei, die Millionen von Menschen in der Gegenwart und Zukunft tötet und verelenden lässt.
Nach wie vor ist schwer absehbar, wie das Gericht entscheiden wird. Der Richter hatte allerdings am zweiten Prozesstag die tödlichen Folgen des Kraftwerksbetriebs als „offenkundig“ bezeichnet.
„Egal wie das Urteil ausfällt und egal ob wir irgendwann zu zwei Millionen Euro Schadensersatz verurteilt werden, bleiben solche Aktionen notwendig. Wir lassen uns nicht einschüchtern und hoffen, dass immer mehr Menschen aktiv werden – egal ob bei Ende Gelände, Schulstreiks oder in Kleingruppenaktionen“, so die Angeklagte Cornelia. „Wir nutzen den Prozess, um RWE öffentlich anzuklagen für die Zerstörung von Lebensgrundlagen weltweit. Die Aufmerksamkeit, die uns dabei zuteil wird, hat der Konzern mit seiner Klage erst selbst geschaffen.“
Tatsächlich berichten auch internationale Medien wie der britische „Guardian“ über den Prozess.
Breite Unterstützung erhalten die Angeklagten von der Bewegung für Klimagerechtigkeit: Auch zu diesem Prozesstermin ist wieder eine Kundgebung der Solidaritätskampagne „We Don‘t Shut Up!“ geplant. Bei den beiden ersten Terminen waren immer wieder Rufe der Demonstrierenden vor dem Gericht in den Saal gedrungen.