Baumpflanzaktion in Cizîr

Als erstes Projekt nach ihrer Wahl zu den Ko-Bürgermeister*innen der nordkurdischen Kreisstadt Cizîr haben Berivan Kutlu und Mehmet Zırığ zu einer Baumpflanzaktion eingeladen.

Nach der Militärbelagerung und Zerstörung der nordkurdischen Kreisstadt Cizîr (Cizre, Provinz Şirnex/Şırnak) im Jahr 2015 wurden die rechtmäßigen Ko-Bürgermeister*innen abgesetzt und durch einen aus Ankara ernannten Zwangsverwalter ersetzt. Bei den letzten Kommunalwahlen am 31. März wurde der staatliche Treihänder verjagt – und Berivan Kutlu sowie Mehmet Zırığ von der Demokratischen Partei der Völker (HDP) mit etwa 77 Prozent Stimmanteil zu den Ko-Bürgermeister*innen gewählt. Obwohl sie vor einem enormen Schuldenberg stehen, den der Zwangsverwalter angehäuft hat, nahmen Kutlu und Zırığ als erstes Projekt nach den Wahlen eine Baumpflanzaktion in Angriff. Knapp eine Woche nach dem Internationalen Tag des Baumes am 25. April luden die Ko-Bürgermeister*innen von Cizîr am gestrigen 1. Mai, dem internationalen Kampftag der Arbeiter*innenklasse, zur Begrünung der Stadt in den Bêrîvan Park ein.

An der Aktion unter dem Motto „Jin Jiyan Azadî“ (Frauen, Leben, Freiheit) beteiligten sich neben etlichen Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft auch Repräsentanten der Menschenrechtsstiftung TIHV und dem Gewerkschaftszusammenschluss KESK.

Unter tatkräftiger Mitwirkung der beiden Ko-Bürgermeister*innen Berivan Kutlu und Mehmet Zırığ wurden viele verschiedene Baumarten gepflanzt, die sowohl Schatten spenden als auch dem Klimawandel trotzen, und damit auch langanhaltende Trocken- und Hitzephasen in den Sommermonaten besser vertragen. Die Stadtverwaltung kündigte an, Begrünungsaktionen wie diese überall in Cizîr durchzuführen, um Lebensraum für viele Tierarten zu schaffen und gleichzeitig für ein gesundes Mikroklima zu sorgen. Die Grünflächen dienen auch der ökologischen Nachhaltigkeit und der Biodiversität. Dies hat zur Folge, dass die Zahl der Vögel und Insekten deutlich steigt.

Was geschah in Cizîr?

Am 4. September 2015 verhängte die türkische Regierung über die nordkurdische Kreisstadt Cizîr eine Ausgangssperre. Es war die erste einer langen nicht abreißenden Kette von Ausgangssperren. Während dieser ersten Ausgangssperre griff der Staat mit allen Kräften, die ihm dabei zur Verfügung standen, bis an die Zähne bewaffnet mit konventionellen Waffen neun Tage lang die Stadt an. Eine Gruppe stellte sich ihnen damals entgegen. 21 Tote, Dutzende Verletzte und Hunderte zerstörte Häuser und Wohnungen hatte der neuntägige Angriff auf Cizîr zur Folge.

Zweite Belagerung in Cizîr

Am 14. Dezember 2015 begann die zweite Belagerung der damals etwa 115.000 Bewohner umfassenden Stadt. 79 Tage lang bombardierte die türkische Armee Cizîr sowohl aus der Luft als auch vom Boden aus. Die Polizei und das Militär nahmen ganze Viertel unter Feuer, zerstörten die Telefon-, Strom- und Wasserversorgung und kesselten mehrere tausend Menschen ein. Bewohner, die in den Kellern ihrer Wohnhäuser Schutz vor den Angriffen suchten, wurden auf grausame Art ermordet. In diesen 79 Tagen sind mindestens 259 weitere Menschen von türkischen Sicherheitskräften getötet worden. Wegen dieser brutalen Vorgehensweise gegen die Verletzten, die sich zu ihrem eigenen Schutz in den Untergeschossen der Gebäude verschanzten, werden die Keller „Keller des Grauens" genannt. Die Leichen von insgesamt 177 Menschen, darunter 25 Kindern, wurden aus den Trümmern in den Vierteln Cudî und Sur geborgen. Allein in drei Kellern, die der breiteren Öffentlichkeit bekannt sind, kamen jeweils 31, 62 und 50 Menschen ums Leben.