Kampf auf den Straßen gegen Rechtsverletzungen in den Gefängnissen

Angesichts der Situation in türkischen Gefängnissen ruft Hıdır Sabur vom Verein „Familien für eine neue Demokratie" zum gemeinsamen Kampf auf. Kein Problem in der Türkei sei von der Isolation in den Gefängnissen zu trennen.

Solidarität mit den Gefangenen in der Türkei

Seit 37 Monaten gibt es keine Nachricht mehr vom kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan. Kein Lebenszeichen dringt von der Gefängnisinsel Imrali. Die Isolation und Repression hat sich auf alle Gefängnisse in der Türkei ausgebreitet. Seit dem 27. November 2023 findet ein umfassender Gefängniswiderstand statt. Weltweit läuft die Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage“. Währenddessen werden die Zustände in den Haftanstalten immer dramatischer. Hıdır Sabur vom Verein der Familien für eine neue Demokratie (YDAD) hat sich gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya über die Situation geäußert.

Geld ins Gefängnis schicken ist kein Verbrechen“

Sabur warnte insbesondere bezüglich der Situation der kranken Gefangenen und erinnerte daran, dass binnen eines Jahres 67 Menschen in Haft gestorben seien. Er wies auf das Schicksal der 75-jährigen Hatice Yıldız hin. Sie war am 23. März auf einer Bahre in Haft abtransportiert worden, weil sie ihrer Tochter und ihren Zellengenossinnen Geld geschickt hatte. Sabur erklärte: „Ein paar kranke Gefangene wurden nach sehr langer Inhaftierung [oft über 30 Jahre] entlassen. Sie starben jedoch 15 oder 20 Tage nach ihrer Freilassung. Darüber hinaus werden Gefangene in den Gefängnissen de facto ermordet. Im letzten Jahr haben 67 Menschen so ihr Leben verloren. Es gibt viele Rechtsverletzungen. Das konkreteste Beispiel ist die 75-jährige Hatice Yıldız. Der Staat weiß, dass es kein Verbrechen ist, Geld ins Gefängnis zu schicken, aber er versucht, die Menschen mit solchen Maßnahmen einzuschüchtern.“

Die neuen Hochsicherheitsgefängnisse

Sabur sprach weiter über die Einrichtung neuer Hochsicherheitsgefängnisse vom Typ Y und S. Diese dienten mit ihren besonderen Trakten nicht nur der Vereinzelung von Gefangenen, sondern dazu, ihren Willen zu brechen. Sabur kommentierte: „In den S- und Y-Typ-Gefängnissen sollen die Gefangenen vollständig von der Gesellschaft isoliert werden. Unser Kampf dagegen geht weiter. Wir haben schon früher ernsthafte und konkrete Schritte für die Schließung von Gefängnissen des Typs S und Y unternommen. Zu diesem Zweck haben wir an bestimmten Orten Plakate aufgehängt und Flugblätter verteilt, auf denen stand: ‚Gefängnisse des Typs S und Y sollten geschlossen und die Vollzugskommissionen müssen abgeschafft werden.‘“ Bei den Vollzugskommissionen handelt es sich um Einrichtungen staatlicher Repression, die politischen Gefangenen die Entlassung aufgrund „schlechter Sozialprognosen“ und „fehlender Reue“ oft auch nach 30 Jahren Haft verweigern. Sabur sagte weiter: „Unsere Arbeit dazu geht weiter. Wir wollen den Kampf dafür auf der Straße führen. Denn die Straße ist der Ort, an dem die Probleme gelöst werden.“

Die Isolation ist ein Verfassungsbruch“

Sabur bewertete die Isolation und die Rechtsverletzungen in den Gefängnissen juristisch und sagte: „Die Isolation ist ein Verfassungsbruch, und wir werden weiterhin auf jede demokratische Art und Weise in allen Bereichen protestieren, um der Isolationspolitik ein Ende zu bereiten. Die Türkei hat eine Verfassung und ein Gesetz. Dieses Gesetz kann keinem Gefangenen seine verfassungsmäßigen Rechte vorenthalten. Vom Vorsitzenden der PKK Abdullah Öcalan hat man jedoch seit drei Jahren nichts mehr gehört. Ihm werden alle Rechte vorenthalten. Dies ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die Verfassung. Die Regierung will alle anderen Gefangenen mit ihrem Angriff auf Abdullah Öcalan bestrafen. Die Regierung hat Angst vor politischen Gefangenen. Immer wenn wir von unserem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch machen und protestieren, gehen unzählige Polizisten gegen uns vor. Man will uns auf diese Weise einschüchtern.“

Die Türkei erleidet Schaden“

Sabur forderte, die Türkei müsse umgehend von ihrer Kriegs- und Isolationspolitik Abstand nehmen, sie schade damit sich selbst: „Kein Problem in der Türkei ist unabhängig von Isolation und Krieg zu betrachten. Vor allem in letzter Zeit sehen wir, dass im Südosten ernsthafte Sanktionsmechanismen eingeführt wurden, um eine Kriegsatmosphäre zu schaffen. Diese Praktiken fügen der Türkei schweren Schaden zu. Das muss aufhören. Die Zeit, in der die Gesellschaft in Wohlstand und Frieden leben kann, ist gekommen.“

Aufruf zum gemeinsamen Kampf

Sabur rief zum gemeinsamen Kampf gegen die Isolation und die Rechtsverletzungen auf und erklärte: „Die Familien der Gefangenen sollten sich untereinander solidarisch zeigen. Revolutionäre und alle anderen zivilgesellschaftlichen Organisation sollten der Stimme der Gefangenen Gehör verschaffen. Wir alle müssen einen gemeinsamen Kampf gegen diese Repressalien und Rechtsverletzungen führen. Nur durch den gemeinsamen Kampf können wir das derzeitige Regime dazu bringen, einen Schritt zurückzuweichen.“