Am 4. Februar 1948 erklärte sich das heutige Sri Lanka für unabhängig vom britischen Königreich. Bis 1972 trug der Inselstaat im Indischen Ozean den Namen Ceylon. In der Woche um den Jahrestag veranstaltet die sri-lankische Regierung unter Präsident Gotabaya Rajapaksa umfangreiche Staatsfeierlichkeiten. Diese nimmt die tamilische Minderheit in der Diaspora wie in den tamilischen Gebieten zum Anlass, um auf die systematische Unterdrückung der Bevölkerung vor allem im Norden und Osten der Insel hinzuweisen und die internationale Gemeinschaft sowie soziale Bewegungen aufzufordern, endlich politischen Druck auf die Regierung in Colombo auszuüben.
Seit dem Ende des Bürgerkrieges zwischen der sozialistischen LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) und dem Regime im Jahre 2009 gelten über 146.000 tausend Tamil*innen während des Genozids zum Kriegsende als vermisst. Eine unabhängige Untersuchung der Geschehnisse, die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen und eine Amnestie werden vom Regime verweigert.
Demonstration vor dem Auswärtigen Amt
Am Donnerstag versammelten sich mehrere hundert Menschen auf einer Kundgebung des Volksrates der Eelamtamilen e.V. (VETD e.V.) vor dem Auswärtigen Amt in Berlin, um die Bundesregierung aufzufordern, sich bei der kommenden Sitzung im Sinne der tamilischen Bevölkerung zu Wort zu melden. Denn die hohe Kommissarin der UN, Michelle Bachelet, hat für die 46. Sitzung des UN-Menschenrechtsausschusses vom 22. Februar bis zum 19. März in Genf einen aktuellen Bericht zur Lage der Menschenrechte in Sri Lanka verfasst.
Daraus geht hervor, dass sich die Lage der Menschenrechte auf Sri Lanka verschlechtert hat, demokratische Prozesse unterminiert werden und jegliche Form von Versöhnungsversuchen abgebrochen wurden. Dies gelte speziell für das vergangene Jahr und gäbe Anlass zu größter Sorge. Speziell thematisiert werden die Behinderung journalistischer Arbeit, willkürliche Verhaftungen und die Weigerung Sri Lankas, mutmaßliche Kriegsverbrecher der internationalen Strafgerichtsbarkeit zu übergeben. Trotzdem seien die Verlautbarungen der BRD in dieser Frage im besten Fall zurückhaltend, kritisierte ein Vertreter des VETD e.V. in seiner Rede auf der Demonstration.
„Der Botschafter Deutschlands, der in diesem Jahr den Vorsitz in der Sitzung des UN-Menschrechtsrates hat, schreibt nur, dass er in Bezug auf Sri Lanka auf eine Resolution ‚im Konsens‘ hofft. Was für eine Verhöhnung der Opfer, die seit mehr als zehn Jahren nach der Ermordung ihrer Angehörigen und den immer noch über 100 000 Verschwundenen zumindest endlich auf eine internationale Anerkennung hoffen. Es ist sogar unübersehbar, dass sich die Bundesregierung bisher aktiv weigert, Schritte zu einer konsequenteren Verurteilung der Regierung Sri Lankas zu unternehmen.“
Stattdessen würden Tamil*innen seit langem als Unterstützer*innen einer angeblichen Terrororganisation angesehen, nie aber als Angehörige eines Volkes, das seit Jahrzehnten um Befreiung und Selbstbestimmungsrecht kämpfe.
Generalstreik in dem tamilischen Gebieten
Im Norden und Osten der Insel befindet sich die tamilische Bevölkerung flächendeckend vom 3. bis zum 6. Februar im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Sri Lankas im ersten Generalstreik seit Ende des Bürgerkrieges, um gegen die soziale Situation und die anhaltende Repression zu protestieren. Bereits im November hatte es politische Spannungen gegeben, als die sri-lankische Armee einen Friedhof beerdigter LTTE-Kämpfer*innen zerstörte und die jährlichen Gedenkfeiern verbot. Als Anfang Januar ein von Studierenden errichtetes Kriegsdenkmal von der Armee abgerissen wurde, kam es zu Demonstrationen und Streiks, welche die Regierung dazu zwangen, die Neuerrichtung zumindest in Aussicht zu stellen. Die Auseinandersetzung hält weiter an. Unterdessen findet weiterhin eine umfassende Landnahme der Regierung statt. Indem behauptet wird, es handele sich um religiöse buddhistische Stätten der singhalesischen Bevölkerung werden Ländereien von Tamil*innen enteignet.
Auch dadurch wird weiterhin versucht, die tamilische Kultur auszulöschen und jegliche Bestrebungen politischer Selbstbestimmung zu verunmöglichen.