Rote Hilfe und iL verurteilen bundesweite Razzien

Die Rote Hilfe e.V. und die interventionistische Linke (iL) verurteilen die bundesweiten Razzien im Zusammenhang mit den Protesten gegen den G20-Gipfel im Juni. In Hamburg gingen gestern Abend Hunderte Menschen aus Protest auf die Straße.

Wie die Rote Hilfe e.V., eine Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt, in einer Presseerklärung mitteilt, hat die Polizei am Dienstag ab sechs Uhr morgens 25 Objekte in acht Bundesländern durchsucht. Betroffen waren 23 Privatwohnungen sowie das Linke Zentrum Lilo Herrmann in Stuttgart und das Rote Zentrum in Göttingen. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, während der Proteste gegen den G20 Gipfel an einer gewalttätigen Demonstration am Rondenbarg teilgenommen und sich des Landfriedensbruchs schuldig gemacht zu haben. Die Razzien wurden durchgeführt, um Informationen über angebliche Vorbereitungen gewalttätiger Proteste zu bekommen, so die offizielle Version der Polizei. Es wurden zahlreiche Laptops und Speichermedien beschlagnahmt.

Hierzu erklärte Heiko Lange, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.: „Wir verurteilen die Razzien auf das Schärfste und fordern die Herausgabe der beschlagnahmten Speichermedien. Hier wird wohl offenbar versucht, eine Demonstration gegen den G20-Gipfel zu einer insgesamt gewalttätigen Gruppe zu stilisieren, um alle Aktivist*innen auch ohne konkrete Beschuldigung wegen Landfriedensbruchs verurteilen zu können. Es wird auf eine diesbezügliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH)  vom vergangenen Jahr verwiesen. Nicht erwähnt auf der heutigen Pressekonferenz der Polizei wurde allerdings, dass sich diese BGH-Entscheidung auf gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Gruppen von Fußball-Hooligans bezieht und ganz explizit nicht auf politische Demonstrationen. Damit steht diese Argumentation noch nicht einmal auf wackligen Füßen. Die Verfahren gegen Angeklagte wie zum Beispiel Fabio V. müssten demnach sofort mit Freispruch beendet werden.“

Der Polizeieinsatz am Rondenbarg während den Protesten gegen den G20-Gipfel war bundesweit in die Schlagzeilen geraten, nachdem die Sendung „Panorama“ über den Ablauf des Einsatzes berichtet hatte.

„Die Filmaufnahmen zeigen ein völlig anderes Bild von den Geschehnissen. Zahlreiche Aktivist*innen wurden teilweise schwer verletzt. Dies geschah während als auch nachdem die Demonstration in kürzester Zeit aufgelöst worden war. Sowohl hier als auch an vielen anderen Stellen wurden Grundrechte massiv eingeschränkt und zahlreiche Aktivist*innen, aber auch Journalist*innen und Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen. Statt dies konsequent aufzuarbeiten, wurden nun diese Durchsuchungen mit teilweise martialischem Auftreten durchgeführt. Es scheint auch in diesem Fall um die Einschüchterung der linken Bewegung zu gehen. Des Weiteren drängt sich der Verdacht auf, dass der Rondenbarg-Einsatz im Nachhinein gerechtfertigt werden soll.“, so Lange weiter.

iL erklärt sich solidarisch mit den Betroffenen

Auch die interventionistische Linke, die gemeinsam mit NAV-DEM und anderen Organisationen zur Großdemonstration 'Grenzenlose Solidarität statt G20' aufgerufen hatte, verurteilte die Durchsuchungen und erklärte sich solidarisch mit den Betroffenen, insbesondere der Gruppe Roter Aufbau Hamburg.

„Die Hamburger Polizei hat ein massives Gewaltproblem“, so Emily Laquer von der iL. Laut iL gibt es keine Belege für die Behauptung, am Morgen des 7. Juli am Rondenbarg hätte es schwere Ausschreitungen und Angriffe gegeben: „Videos und Zeugenberichte zeigen stattdessen einen brutalen, unprovozierten Angriff der Polizei, der mehrere Schwerverletze mit Knochenbrüchen zur Folge hatte“, heißt es in der Erklärung. Nachdem die Polizeischilderungen im Prozess gegen Fabio V. massiv an Glaubwürdigkeit verloren haben, seien die heutigen Durchsuchungen ein erneuter Versuch, Betroffene von Polizeigewalt zu Tätern zu machen. Die "Soko Schwarzer Block" versuche, von ihren dürftigen Ermittlungsergebnissen abzulenken und ihr eigenes massives Gewaltproblem damit zu rechtfertigen.

„Es ist überfällig, dass der Hamburger Senat und die Hamburger Polizei endlich das Scheitern ihrer Eskalationsstrategie und des G20 Gipfels eingestehen. Die iL fordert die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen Aktivist*Innen, die Freilassung der G20 Gefangenen und eine ernsthafte Aufarbeitung der Polizeigewalt.“

In Hamburg fand am Dienstagabend eine Spontandemonstration gegen die Polizeirazzien statt. Weitere Aktionen sollen heute in anderen Städten stattfinden.