Protestierende im Irak geben Forderungenkatalog bekannt

Der Tahrir-Platz in Bagdad befindet sich seit Wochen in den Händen von Protestierenden und wurde in einen selbstorganisierten Bereich umgewandelt. Er hält den Angriffen der Polizei stand. Nun wurde ein Katalog mit 20 Forderungen bekanntgegeben.

Seit über einem Monat dauern die Proteste gegen Korruption und für Demokratie und sozialen Ausgleich im Irak an. Die Proteste, bei denen seit 1. Oktober bisher 270 Menschen getötet wurden, finden insbesondere in schiitischen Hochburgen im Zentral- und Südirak statt.

Seit Anfang der Woche wurden mindestens 13 Menschen getötet und Dutzende verletzt, als die Sicherheitskräfte das Feuer in Bagdad, Kerbela und Nasriye eröffneten.

Die Forderungen der Aktivist*innen lauten:

1. Die Regierung muss zurücktreten und Premierminister Adil Abd al-Mahdi muss wegen Massakern an Demonstrant*innen vor Gericht gestellt werden.

2. Das Parlament muss aufgelöst werden.

3. Eine neue Verfassung muss für den Irak vorbereitet werden. Die Kommission zur Ausarbeitung der neuen Verfassung sollte sich aus Experten auf ihrem Gebiet und unabhängigen Personen ohne Verbindungen zu den Parteien zusammensetzen. Die seit 2003 politisch Verantwortlichen sollten nicht in die Kommission zur Vorbereitung der neuen Verfassung einbezogen werden.

4. Alle religiösen Institutionen sollten aus der irakischen Politik entfernt werden.

5. Die irakischen Bodenschätze, die von den Regierungen ins Ausland verkauft wurden, müssen hier bleiben.

6. Es muss ein neuer, unabhängiger Rat für Justiz und Gerichtswesen aufgebaut werden. Dieser Rat muss unabhängig von Parteien sein.

7. Das Regierungs- und die Verwaltungsmodell, nach dem sich die Macht nach Konfession, Familie und Stamm ausrichtet, muss abgeschafft werden.

8 Alle bewaffneten Gruppen im Irak müssen aufgelöst werden. Ihre Waffen müssen dem Staat übergeben werden.

9. Eine vorgezogene Wahl sollte unter internationaler Beobachtung durchgeführt werden. Die bisher an den Wahlen teilnehmenden Parteien sollten nicht mehr teilnehmen.

10. Alle, die sich seit 2003 als korrupt erwiesen haben, sollten entlarvt und vor Gericht gestellt werden.

11. Eine neue Armee sollte unabhängig von Parteien und religiösen Institutionen aufgebaut werden. Die Aufgabe dieser Armee sollte klar auf die Landesverteidigung begrenzt sein.

12. Alle Sicherheitsbehörden, die für die Tötung von Zivilisten verantwortlich sind, sollten aufgelöst und eine neue Sicherheitsbehörde eingerichtet werden. Diese muss darauf abzielen, die Menschen zu schützen, nicht die Macht und Verwaltung.

13. Die irakische Regierung sollte zum Präsidialsystem wechseln.

14. Ein neues Wahlgesetz sollte vorbereitet werden. Diejenigen, die dieses Gesetz vorbereiten, sollten unabhängig und Experten auf ihrem Gebiet sein.

15. Es sollte ein Gericht zur Aburteilung von Personen, die seit 2013 im Auftrag der Regierung Menschen und Zivilisten getötet haben, eingerichtet werden.

16. Die Privilegien des Präsidenten, des Premierministers und des Parlamentspräsidenten müssen aufgehoben werden.

17. In diesem Zusammenhang müssen auch die Privilegien der Mitarbeiter und Direktoren von Behörden aufgehoben werden.

18. Die Arbeit der beiden Behörden, die im Namen der in der Saddam-Zeit Gefallenen arbeiten, muss eingestellt werden. Gegen diejenigen, die im Namen der Familien der Gefallenen von diesen Institutionen Gehälter erhalten, sollten ermittelt werden. Das Gehalt ist nur an diejenigen zu zahlen, die sich als Familien von Gefallenen erwiesen haben.

19. Der zur Bekämpfung der Korruption eingesetzte „Ausschuss für saubere Hände” sollte abgeschafft werden. Die im Auftrag dieser Kommission durchgeführten Arbeiten müssen untersucht werden.

20. Die Gehälter der Beamten dürfen nicht nach Rang und Befugnis, sondern müssen nach der Dauer der Tätigkeit festgelegt werden.