Internationale Stimmen: Die Isolation muss aufgehoben werden!

Der Protest gegen die verschärfte Isolation von Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali geht in den Gefängnissen der Türkei und in Nordkurdistan weiter. International bekannte Intellektuelle schließen sich den Forderungen der Hungerstreikenden an.

Der Hungerstreik der kurdischen Politikerin Leyla Güven hat Tag 140 erreicht. Ihre Forderung nach einem Ende der Isolationsbedingungen des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan wird von tausenden weiteren Aktivist*innen geteilt, die sich dem Hungerstreik angeschlossen haben. Auch zahlreiche internationale Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zeigen sich solidarisch mit der Forderung der Hungerstreikendem.

Im Folgenden veröffentlichen wir Ausschnitte aus den Statements von einigen Intellektuellen, die sich zum Hungerstreik und zu der Totalisolation Abdullah Öcalans geäußert haben:

„Die Demokratie in der Türkei ist heute praktisch nicht vorhanden. Das Regime in der Türkei kann bloß als brutal und repressiv bezeichnet werden. Für diejenigen, die auf Frieden, Gleichberechtigung und Freiheit in der Türkei bestehen, gibt es keine Alternative als die des Dialogs mit der kurdischen Bevölkerung. Solch einen Dialog zu verhindern, bedeutet nichts anderes als Verwüstung und weiteres Leiden. Aus diesem Grund unterstütze ich die Forderung von Leyla Güven und tausenden von Hungerstreikenden auf der ganzen Welt nach einem Ende der Isolation und der Freiheit von Abdullah Öcalan. Das Ende der Isolation von Herrn Öcalans und der Beginn eines neuen Friedensdialoges werden zur Demokratisierung der gesamten Türkei führen.”

Slavoj Žižek ist ein slowenischer Philosoph. Er ist Professor am Institut für Soziologie und Philosophie an der Universität Ljubljana und internationaler Direktor des Birkbeck Instituts für Geisteswissenschaften an der Universität London.

„Wenn du auf Englisch ‚comrade‘ sagst, sagen wir ‚Genosse‘ auf Deutsch, während man auf Kurdisch ‚heval‘ sagt, was einfach nur ‚Freund‘ bedeutet. Diese Welt kann nur gerettet werden, wenn wir sie basierend auf Freundschaft neu erschaffen. Wir müssen reden. Wir müssen verhandeln. Die Isolationshaft von Öcalan und allen politischen Gefangenen muss sofort enden.”

Prof. Peter Ott, Filmemacher und Filmproduzent

„Niemals zuvor fühlten wir als Katalanen unsere Wut und unseren Kampf gegen Ungerechtigkeit so wie heute. Jeden Tag sehen wir, wie Gesetze gegen die Rechte und Freiheiten der Menschen genutzt werden, sodass Ungerechtigkeit zur neuen Regierung der Macht wird. So wie ihr betreiben auch wir Politik innerhalb ihrer absurden Gefängniswände, nutzen unsere Körper, um unsere Rechte und Freiheiten zu verteidigen und organisieren uns in den Straßen, um Widerstand und unsere Hoffnung für eine friedliche Zukunft zum Ausdruck zu bringen.

Öcalans Haftbedingungen sind ein internationales Symbol für die Isolation der Kurden und ihrer demokratischen Träume geworden. Auch für uns symbolisierte die Zerstörung von Wahlurnen während unseres Referendums am 1. Oktober 2017 den Selbstmord des schwachen demokratischen Rahmens, der in Spanien nach dem Bürgerkrieg und nach 40 Jahren Faschismus gesetzt wurde. Beide Situationen erscheinen hoffnungslos, doch sind sie das nicht. Jeder Tag an dem wir Widerstand leisten ist ein Tag weniger für ihre gewalttätige, undemokratische und autoritäre Regierung.

Joaquim Arrufat Ibáñez, Politikwissenschaftler und ehemaliger Abgeordneter des katalonischen Regionalparlaments

„Wann werden türkische Politiker zur Einsicht kommen? Befreit die Person, die Lösungen hat! Ich arbeite seit mehreren Jahrzehnten mit kurdischen Kollegen. Mehrmals besuchte ich die irakischen und vor allem die türkischen Teile Kurdistans. Die türkische Verfassung verweigert den Kurd*innen ihre grundsätzlichen Menschenrechte, darunter ihre sprachlichen Menschenrechte und, spezifischer, ihre Bildungsmenschenrechte. Amir Kalan, ein iranischer politischer Flüchtling in Kanada fragte in seinem Buch aus dem Jahr 2016: „Wer hat Angst vor mehrsprachiger Bildung?” Offensichtlich sind es die türkischen Politiker.

Dieselben Politiker sind auch noch schlechte Wirtschaftler. Die finanziellen Mittel, welche die Türkei für ihren hoffnungslosen Völkermordkrieg gegen die Kurden nutzt, zeigen dies. Das Internationale Friedensforschungsinstitut Stockholm (SIPRI) schätzte, dass die Waffen, die zwischen 2002 und 2007 von der Türkei importiert wurden, die Ausgabefähigkeit der Türkei in den Bereichen Bildung und Gesundheit für die gesamte Bevölkerung auf kritische Weise eingeschränkt haben. Ohne den Krieg gegen die Kurden hätte die Türkei in dieser Phase mehr als 10 Milliarden US Dollar für Gesundheit und Bildung (sowie für die wirtschaftliche Entwicklung der kurdischen Gebiete in der Türkei) ausgeben können. Die Zahlen der Türkei sind seitdem exponentiell gestiegen – Die SIPRI Datenbank für Militärausgaben gab an, dass die Türkei innerhalb des Jahres 2017 mehr als 18 Milliarden US Dollar ausgegeben hat.

Wessen Interesse nützt das? Es sind die ökonomisch-militaristischen Systeme des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten und wirtschaftlichen und militaristischen Kreise der Türkei, die davon profitieren, und für die Fortsetzung der wirtschaftlichen, bildungspolitischen und menschenrechtlichen Unterentwicklung, sowie den körperlichen, sprachlichen und kulturellen Völkermord in Kurdistan sorgen. Dies liegt nicht im Interesse der Kurden oder des gewöhnlichen türkischen Bürgers.

Es gab einige wenige Momente, in denen es etwas Hoffnung für Frieden oder zumindest für ernsthafte Friedensverhandlungen gab. Eine Hoffnung, dass türkische Politiker zur Fassung kommen würden. Diese Hoffnung scheint sich jedoch nicht zu verwirklichen. Die barbarische, unmenschliche Politik, Verbrechen gegen die Menschheit und Völkermord dauern bis heute an. Und obwohl Zehntausende eingesperrt, gefoltert und getötet werden, wächst der mutige kurdische Widerstand. Ihr Streben nach einer friedlichen demokratischen Lösung hält ebenfalls an.

Die Schlüsselfigur mit Lösungsvorschlägern, der Nelson Mandela der Türkei, Abdullah Öcalan, ist noch immer in Isolationshaft. Ein breit angelegter Hungerstreik in türkischen Gefängnissen und andernorts verlangt ein Ende dieser Isolation. Meine herzlichste Unterstützung geht an diese mutigen Menschen!

Was macht der Rest der Welt? Nichts, außer weiter militärische Ausrüstungen an das türkische Militär zu schicken.

Dr. Tove Skutnabb-Kangas, international anerkannte Forscherin, Autorin und Befürworterin von sprachlichen Menschenrechtskämpfen, Finnland

„Ich unterstütze die Hungerstreikenden und ihre Entschlossenheit, eine langanhaltende und friedliche Lösung zur Krise in der Türkei und ihrer Nachbarstaaten zu finden. Befreit Herrn Öcalan.”

Susi Meret, Akademikerin, Aalborg Universität, Dänemark