Hamburg: Aghet – Gedenken an den Genozid

In Hamburg ist der Opfer des Genozids an den christlichen Völkern im Osmanischen Reich gedacht worden. Es wurde eine Gedenktafel für die Hafenstadt gefordert, denn auch Deutschland habe „Blut an den Händen”.

Zwischen den Jahren 1915 und 1918 ermordeten Soldaten des Osmanischen Reichs gezielt Hundertausende Armenierinnen und Armenier durch Massaker und Todesmärsche. Anlässlich des Völkermordgedenktags am heutigen 24. April hatten in Hamburg verschiedene Organisationen zu einer Veranstaltung am Hamburger Rathausmarkt aufgerufen. Das Gedenken fand am Denkmal der Gefallenen beider Weltkriege statt.

Die von der jungtürkischen Regierung während dem Ersten Weltkrieg angeordneten Deportationen und Massaker kosteten Schätzungen zufolge 1,5 Millionen Armenier*innen das Leben. Außerdem fielen dem Völkermord 750.000 Assyrer*innen, 500.000 Pontos-Griech*innen und andere nicht-sunnitische Bevölkerungsgruppen wie die Ezid*innen zum Opfer.

Eröffnet wurde das Gedenken von dem Rechtsanwalt Mahmut Erdem. Der Jurist forderte eine Gedenktafel „hier an diesem Ort”, denn auch Deutschland habe „Blut an den Händen.“ Erdem kritisierte, dass der türkische Staat als Nachfolger des Osmanischen Reiches, das im Ersten Weltkrieg mit dem kaiserlichen Deutschland und Österreich-Ungarn verbündet war, bis heute den Genozid an den christlichen Völkern Anatoliens nicht anerkennt. Zwar hat die Bundesregierung vor drei Jahren den Völkermord von 1915 als solchen benannt, führte Erdem weiter aus. „Deutschland steht aber nicht zu seiner Mitverantwortung.” Mit Blick auf die Repression gegen die kurdische Bevölkerung forderte der Rechtsanwalt die Solidarität der Hamburger*innen ein. Die deutsche Politik sei verlogen, diese Heuchelei gegenüber der faschistischen Politik Recep Tayyip Erdoğans müsse aufhören. Nur so könne man letztlich auch die türkische Anerkennung der Morde von vor 106 Jahren erreichen.

Hohe deutsche Militärs wie Generalstabschef Fritz Bronsart von Schellendorf, Admiral Wilhelm Souchon und Marineattache Hans Humann, die im Generalstab der osmanischen Armee an entscheidender Stelle über die Planung des Krieges mitbestimmten, unterstützten die Jungtürken ausdrücklich bei der Vernichtung des armenischen Volkes. Von Schellendorf etwa nannte die Armenier*innen „Blutsauger am türkischen Volkskörper”, die schlimmer seien als die Juden. Souchon notierte in seinem Tagebuch, „für die Türkei würde es eine Erlösung sein, wenn sie den letzten Armenier umgebracht hat”. Humann, der mit Kriegsminister Enver Pascha, einem von drei Hauptverantwortlichen für den Genozid,eng befreundet war, schrieb auf einen Bericht des deutschen Konsul in Mosul, der die Massaker an den Armeniern beklagte, das sei „hart aber nützlich”.

 

Genozid dauert an

Danach sprach Metin Kaya, Abgeordneter der Linkspartei in der Hamburger Bürgerschaft. Der Politiker bekräftigte die Forderung nach einer Gedenktafel für die Hafenstadt. „Sie wäre hier genau an dem richtigen Ort, am Denkmal der Gefallenen beider Weltkriege, denn auch Soldaten aus Hamburg haben zum millionenfachen Mord und Elend beigetragen“. Kaya betonte, dass der Genozid an den Armenier*innen systematisch begangen wurde und von der Türkei weiter fortgeführt werde. So habe sich das Land trotz der Verbrechen von 1915 am Krieg gegen die Armenier*innen in Arzach (Bergkarabach) beteiligt.

Sexualisierte Gewalt gegen Armenierinnen

Eine Vertreterin des Bündnisses gegen Femizide erklärte, die Gewalt und auch sexualisierte Folter, die vor allem die Frauen damals erlitten hätten, wäre bis heute ein Instrument des Krieges der Türkei, unter anderem gegen die Ezid*innen. Die Politik der Türkei unterscheide sich nicht von der des IS damals und heute. Die Gedenkveranstaltung endete mit dem Auftritt einer Musikgruppe und der Sängerin Leman Stehn.