Muhammed Ebu Adil, Kommandant des Militärrats von Minbic, erklärt, dass der Militärrat von der Türkei des Terrorismus beschuldigt würde, weil er unabhängig sei und sich weigere, Befehle aus der Türkei zu befolgen: „Als wir in den Reihen der FSA gegen das syrische Regime kämpften, haben wir unsere Munition und alles von den Türken bekommen. Sie kennen uns gut. Damals waren wir keine Terroristen und jetzt sollen wir Terroristen sein, weil wir keine solchen Beziehungen zu ihnen haben?“
Der Kommandant des Militärrats von Minbic, Muhammed Ebu Adil, beantwortete die Fragen von ANF in einem Interview.
Könnten Sie die Phase bis zur Befreiung von Minbic am 15. August 2016 zusammenfassen?
Das Regime musste sich 2012 aus Minbic zurückziehen. Als dann später der IS in Minbic einmarschierte, kam es zu Kämpfen mit der FSA. Die Kräfte von Minbic blieben zum Großteil auf einer Seite der Qarakozax Brücke. Als der IS Kobanê angriff, sind wir als Kämpfer aus Minbic in Kobanê geblieben und haben gegen den IS gekämpft Nach der Befreiung von Kobanê sind wir bis zum Tişrin-Staudamm vorgerückt. Nach der Befreiung des Tişrin-Staudamms haben wir uns als Menschen aus Minbic dort gesammelt und den Militärrat von Minbic gegründet. Wir haben von dort aus an der Befreiung von Minbic gearbeitet und sind nach der Befreiung zurückgekehrt.
2016 haben wir über die Vermittlung der USA mit dem türkischen Staat über die Frage der Rückkehr nach Minbic gesprochen. Wir haben als Militärrat von Minbic mit einer Befreiungsoffensive begonnen. Die internationale Koalition unterstützte uns bei dieser Offensive. Unsere Kräfte alleine reichten nicht aus, um Minbic aus den Händen des IS zu befreien. Die QSD haben uns bei der Befreiung von Minbic unterstützt. Sie kamen mit uns gemeinsam nach Minbic. Nach der Befreiung von Minbic und der Organisierung unserer Kräfte blieb nur noch der Militärrat in Minbic. Im Oktober 2016 haben sich die QSD und alle anderen Strukturen aus Minbic zurückgezogen.
Sie sind Teil der QSD. Wenn Sie davon sprechen, dass sich die QSD zurückgezogen haben, beziehen Sie sich dann auf die YPG?
Unter den Kräften der QSD, die uns bei der Offensive unterstützt haben, waren auch die YPG und die YPJ, wie auch alle anderen Komponenten der QSD. Die QSD haben mit uns gemeinsam Minbic befreit und sind geblieben, bis wir unsere Kräfte reorganisiert und uns politisch etwas entwickelt hatten. Im Oktober 2016 sind sie abgezogen. Seitdem ist die einzige Kraft zur Verteidigung und Sicherheit in Minbic der Militärrat von Minbic.
Später haben wir unsere Akademie gegründet. Im Moment erhalten unsere Kräfte insbesondere Ausbildung von der internationalen Koalition und den USA. Nach der Ausbildung gehen sie an die Front. Anfangs waren wir so etwa 600 bis 700 Personen, aber nach der Befreiung haben sich Tausende Menschen aus Minbic angeschlossen.
Wir haben Beziehungen zu den QSD, aber wir alleine verteidigen Minbic. Obwohl die Türkei weit entfernt von unseren Grenzen liegt, sah es der türkische Staat als eine Bedrohung an, dass sich unsere Kräfte organisierten und stärker wurden.
Warum sieht dies der türkische Staat so?
Er will, dass wir uns von ihm abhängig machen und von ihm Befehle entgegennehmen. Als wir 2012 Teil der FSA waren, haben wir alles, was wir brauchten, von der Türkei erhalten, denn ohne die Türkei war es nicht möglich zu arbeiten. Nach der Befreiung von Minbic wollten sie, dass wir nach ihrer Pfeife tanzen, aber wir haben es nicht akzeptiert. „Wir haben unsere Stadt befreit. Lasst uns unsere Aktivitäten in unserer Stadt unserem Willen entsprechend ausführen“, haben wir gesagt. Wir haben es nicht akzeptiert, in die Türkei zu rennen und Befehle zu empfangen. Das ärgert sie. Wir wollen nicht so abhängig von ihnen werden wie zu FSA-Zeiten. Das akzeptieren wir nicht.
Wer sind die Kräfte, mit denen Sie jetzt in Minbic zusammenarbeiten, und wie laufen diese Arbeiten?
Heute arbeitet die internationale Koalition in Form der USA mit uns zusammen. Sie war von Anfang an mit uns hier. Sie haben ihren Aufenthalt hier ausgeweitet und Basen errichtet. Sie haben mit uns an der Front Wache gehalten. In der letzten Zeit haben sie ihre Truppen verstärkt, es sind auch Spezialeinheiten in unser Gebiet eingerückt. Es fanden sowohl auf politischer als auch auf militärischer Ebene Treffen auf höchster Kommandoebene in Minbic statt. Sie sagten uns: „Wir werden uns nicht aus Minbic zurückziehen, wir werden Minbic verteidigen. So wie wir das Gebiet vor dem IS gemeinsam gerettet haben, so werden wir ein Eindringen der Türkei, des syrischen Regimes oder anderer Kräfte nach Minbic nicht erlauben. Wir sind bis zum Ende mit euch.“
Zum Thema Minbic hat auch Frankreich angekündigt, Soldaten zu schicken. Was ist die Rolle Frankreichs bei der Verteidigung von Minbic?
Frankreich ist ja sowieso ein Mitglied der internationalen Koalition. Frankreich gehört auch zu denjenigen, die Minbic vom IS befreit haben. Deshalb ist seine Präsenz in Syrien nichts Neues. Es gab bis heute immer wieder Treffen. Sie bilden aus, haben aber bisher keine offiziellen Bemühungen an der Front. Ob es um Frankreich geht oder England, sie sind Mitglieder der internationalen Koalition und in dieser Hinsicht gibt es keine neue Situation.
Wir wissen, dass der türkische Staat mit seinen Drohungen bisher nicht viel erreicht hat und nun vor allem innere Konflikte verursachen möchte. Mit welchen Methoden macht er das, kann er auf diese Weise ein Ergebnis erzielen?
Der türkische Staat und das Baath-Regime versuchen mit geheimen Zellen in Minbic Chaos zu verbreiten. Sie lassen Minen detonieren und führen auch immer wieder Attentate durch. Es gibt kleine Gruppen, die mit ihnen in Verbindung stehen. Unsere Grenzen sind sowohl zu den Gebieten unter Regimekontrolle als auch zu denen unter Kontrolle der Türkei offen. Dort werden einige organisiert und führen Aktivitäten durch, um Chaos zu verursachen.
Minbic ist eine Stadt, die sich selbst verwaltet und sich selbst um ihre eigene Stabilität kümmert. Mit diesen Aktivitäten versuchen sie, die Lage zu stören. Sie versuchen das eigentlich schon seit der Befreiung von Minbic. Aktuell versuchen sie mit Besatzungsdrohungen das Volk noch vehementer einzuschüchtern.
Wenn wir uns unter der Bevölkerung bewegen, erfahren wir, dass die Bevölkerung den türkischen Staat nicht will. Wie stellt sich diese Situation Ihnen dar?
Die Bevölkerung akzeptiert den türkischen Staat nicht. Bis heute sind viele Medienvertreter*innen nach Minbic gekommen, haben sich mit der Bevölkerung getroffen und ihr zugehört. Hohe Kommandanten der US-Streitkräfte haben sich die Meinung der Bevölkerung angehört. Das Volk betont immer wieder: „Das Regime hat 2012 Minbic verlassen. In Minbic hat es noch nie zuvor ein System wie das heutige gegeben. Wir sind mit unserem System zufrieden.“ Sie sind mit unseren Kräften zufrieden. Natürlich fürchten viele, zum Ziel des Regimes oder des türkischen Staates zu werden. Wir können sagen, dass heute 95 Prozent der Bevölkerung von Minbic mit dem System, das sie selbst geschaffen haben, und mit den Kräften aus dem Volk von Minbic zufrieden sind.
Der türkische Staat hat angekündigt, das Süleyman-Şah-Mausoleum wieder an seinen alten Platz zu versetzen. Haben die Türken das Grab geschützt?
Seit 2012 bis heute war es so, dass jeder, der kam und das Grab verteidigen wollte, von ihnen Geld erhalten hat und es schützte. Zur Zeit des IS hat der IS es für sie geschützt. 2012 haben wir es als FSA für sie geschützt. Damals war es für uns von Vorteil, jetzt nicht mehr.
Wollten sie keine Hilfe von Ihnen bei der Verlegung des Mausoleums?
Nein, sie wollten keine Hilfe von uns. Sie wollten Hilfe von den YPG. Sie kamen mit Panzern mit Hilfe der YPG und haben das Mausoleum von Qarakozax herausgeholt Zu dieser Zeit gab es keine Kämpfe mit dem IS, nicht einmal eine Kugel wurde abgeschossen. Ich war damals an der Qarakozax-Front. Sie kamen und haben das Grabmal mitgenommen. Der IS war damals am Grabmal. Das war IS-Gebiet.
Kann es Absprachen mit den USA diesbezüglich geben?
Das kann ich nicht wissen. Dazu liegen mir keinerlei Informationen vor. Da der alte Ort des Grabmals östlich des Euphrat liegt, hat das nichts mit unserem Gebiet zu tun.
Gab es zu dieser Zeit einen Dialog mit dem türkischen Staat oder den Wunsch nach einem Dialog?
Wenn wir irgendetwas vom türkischen Staat haben, bitte, dann soll er kommen und wir besprechen das. Da es so etwas aber nicht gibt, können sie nicht diskutieren. Was hat der türkische Staat in Syrien verloren? Wir sind das Volk von Minbic. Wir sind wegen dem IS aus unserer Stadt geflohen, als wir sie befreit haben, sind wir zurückgekehrt. Minbic wurde weder vom Regime noch vom türkischen Staat befreit. Wir haben Minbic vom IS befreit. Wir haben uns selbst politisch und militärisch organisiert. Wir kommen nicht von woanders. Sie wissen von unserem Treffen 2016 ganz genau, wir sind aus Minbic. Wir waren früher in der FSA und haben unsere Waffen von der Türkei erhalten. Sie kennen uns gut. Damals waren wir keine Terroristen und jetzt sollen wir Terroristen sein, weil wir keine solchen Beziehungen zu ihnen haben? Sind wir Terroristen, weil wir uns wie freie Menschen benehmen und selbst unsere Entscheidungen treffen wollen?