Seit Serêkaniyê (Ras al-Ain) vor knapp einem Jahr von der Türkei besetzt worden ist, gilt die Region in Nordsyrien als Hort der Kriegsverbrechen und Plünderungen. Die verschiedenen Dschihadisten-Gruppen, die vom türkischen Staat als Proxy-Armee in der Besatzungszone eingesetzt werden, geraten bei der Aufteilung ihrer „Kriegsbeute“ immer öfter in Konflikte.
Ein Bewohner von Serêkaniyê, dessen Identität aus Sicherheitsgründen geheim gehalten werden muss, erläuterte die aktuelle Situation gegenüber ANHA so: „Jedes Wohnviertel in Serêkaniyê wird von einer Dschihadisten-Gruppe kontrolliert. Die Dörfer und Stadtviertel sind unter den Dschihadisten aufgeteilt worden, jede Gruppe verfügt über eigene Herrschaftsgebiete. Neben den fortgesetzten Plünderungen werden die Menschen aus der Zivilbevölkerung ständig unter verschiedenen Vorwänden mit Geldstrafen belegt. Weil die Dschihadisten sich untereinander nicht über die Einteilung der Beute ihrer Raubzüge einigen können, kommt es zu gewalttätigen Konflikten. Diese internen Konflikte verschärfen sich von Tag zu Tag.“
Seit die Türkei in den Krieg in Libyen eingegriffen hat, werden Dschihadisten aus Syrien als bezahlte Söldner in das Bürgerkriegsland entsendet. Einige Milizen haben eine Entsendung nach Libyen abgelehnt. Daraufhin hat der türkische Nachrichtendienst MIT damit begonnen, einige der direkt von ihm kontrollierten Gruppen nach Serêkaniyê und Girê Spî (Tall Abyad) zu transferieren. Jetzt wird versucht, den Einfluss dieser Gruppen in der Region zu erhöhen. Der türkische Staat ist direkt an den Konflikten unter den Milizen beteiligt und trägt dazu bei, dass sich diese Krise verschärft.
Der Bewohner aus Serêkaniyê sagt dazu: „Die Dschihadisten führen in verschiedener Form Angriffe durch, um sich aneinander zu rächen. Dazu gehören Autobombenanschläge, die zu großer Panik in der Bevölkerung führen. Momentan herrscht Chaos in der Region. Die Zivilbevölkerung ist in Lebensgefahr.“
Auch aus Til Temir und Zirgan (Abu Rasen) werden täglich gewalttätige Konflikte unter den Dschihadisten gemeldet. Bei den Auseinandersetzungen um geplünderte Güter werden schwere Waffen und Sprengstoff eingesetzt.