UN-Nothilfekoordinatorin: Lage in Nordsyrien sehr ernst

Nach Angaben der UN-Nothilfekoordinatorin Ursula Müller sind 1,8 Millionen Menschen in Nordostsyrien auf humanitäre Hilfe angewiesen: „Wir erwarten von allen Konfliktparteien, dass sie eine koordinierte Reaktion ermöglichen.“

Nach Angaben der deutschen UN-Diplomatin Ursula Müller ist die humanitäre Lage in Nordostsyrien weiterhin sehr ernst. Die Beigeordnete Generalsekretärin für humanitäre Angelegenheiten und stellvertretende Nothilfekoordinatorin der Vereinten Nationen hat sich in einem Briefing an den UN-Sicherheitsrat zur humanitären Situation in Syrien geäußert.

„Nachdem die Türkei und verbündete nichtstaatliche bewaffnete Gruppen am 9. Oktober die ‚Operation Friedensfrühling' in der Region zwischen Tal Abyad [Girê Spî] und Ras al-Ain [Serêkaniyê] in Syrien gestartet hatten, flohen über 200.000 Menschen aus dem Gebiet. Bis zum 26. November waren 123.000 Menschen in ihre Herkunftsgebiete zurückgekehrt. Mehr als 70 000 Menschen sind nach wie vor aus den Gouvernements Hesekê, Raqqa und Aleppo vertrieben. Fast 17.000 Menschen sind in den Irak geflohen", so Müller. Die Anzahl der auf humanitäre Hilfe angewiesenen Menschen in Nordostsyrien beziffert die UN-Vertreterin mit etwa 1,8 Millionen.

Müller fuhr fort: „Ein schneller und ungehinderter Zugang für die humanitäre Hilfe bleibt für alle Facetten der laufenden humanitären Hilfsmaßnahmen im Nordosten unerlässlich. Es muss die Bewertung erleichtert werden, um die dringendsten Bedürfnisse und die gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu ermitteln. Versorgungsleitungen über die Autobahn M4 und verschiedene Grenzübergänge müssen für humanitäre Güter offen bleiben. Die Lieferung humanitärer Hilfe muss ohne Einmischung der Parteien ermöglicht werden. Schließlich müssen Überwachungseinsätze erlaubt werden, um zu bestätigen, dass der Bedarf gedeckt wird. Wir erwarten von allen Konfliktparteien, dass sie eine nachhaltige und verstärkte koordinierte Reaktion ermöglichen".

Die Situation im Camp Hol erfordere eine „engagierte und dringende Reaktion“, erklärte Müller. Nach UN-Angaben befinden sich weiterhin 68.400 Menschen im Lager, 94 Prozent davon sind Frauen und Kinder. Müller forderte die ausländischen Regierungen auf, die am stärksten gefährdeten Staatsangehörigen unverzüglich zurückzunehmen: „Viele dieser Personen, einschließlich Waisen und unbegleiteter Kinder, benötigen angesichts möglicher Misshandlungen und Traumata möglicherweise weitere Unterstützung. Letztendlich ist es jedoch ihre beste Chance auf eine bessere Zukunft, wenn ihre Regierungen darauf reagieren.“

Müller bemerkte auch, dass die bestehende Unsicherheit weiterhin die Zivilbevölkerung in weiten Teilen Syriens, auch in Gebieten abseits der Frontlinien, gefährdet. Sie sagte: „Anfang dieses Monats warnte das OHCHR zum Beispiel vor der zunehmenden Zahl von Vorfällen in Nordsyrien, bei denen es zu Explosionen auf Marktplätzen und in Wohngebieten kam. Seit Ende Oktober wurden etwa 49 Vorfälle verifiziert, 43 davon in Gebieten, die unter der Kontrolle der türkischen Streitkräfte und angeschlossener nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen standen. Bei diesen Vorfällen wurden mindestens 78 Zivilisten getötet und mehr als 300 Personen verletzt."