Gegen den HDP-Abgeordneten Berdan Öztürk laufen neue Ermittlungen wegen „Propaganda für eine Terrororganisation“. Dieses Mal geht es um einen Kommentar des Politikers bezüglich einer Sonderbriefmarke der südkurdischen Autonomieregierung anlässlich des Papstbesuchs von letzter Woche. Die Gedenkmarke zeigt ein Abbild von Papst Franziskus auf den Umrissen von Kurdistan, die Türkei hatte sich in köstlich-hanebüchener Manier „entsetzt“ darüber gezeigt. In einer Mitteilung des Außenministeriums hieß es am Mittwoch, dass auf der Marke eine Landkarte abgebildet sei, „die auch manche Provinzen unseres Landes einschließt“. Das Land erwarte von den kurdischen Behörden so bald wie möglich eine „klare“ Erklärung, um diesen „schweren Fehler umgehend zu korrigieren“.
Die Briefmarke bildet den Kopf von Papst Franziskus und eine Karte mit der Bezeichnung „Region Kurdistan“ ab. Diese zeigt die historischen Siedlungsgebiete des kurdischen Volkes, die auf die Nationalstaaten Türkei, Syrien, Iran und Irak aufgeteilt sind. Manche „dreiste Anführer der kurdischen Regionalregierung“ nutzten den Papstbesuch, „um ihre kruden Fantasien hinsichtlich der territorialen Integrität der Nachbarländer des Iraks zu offenbaren“, erklärte das Außenministerium in Ankara dazu. Die Behörden der Region wüssten, dass „solche heimtückischen Bestrebungen“ böse enden würden.
Die Regierung in Hewlêr (Erbil) ruderte nach der „Empörung“ in Ankara zurück. Das Kommunikationsministerium der Autonomieregierung ließ mitteilen, es habe sich bei der Briefmarke lediglich um einen „ersten Entwurf“ gehandelt und nicht um eine offizielle Version. Der HDP-Abgeordnete Berdan Öztürk nannte die Diskussion um die Gedenkmarke „überflüssig“. Die Karte symbolisiere lediglich die Geografie Kurdistans und das historische Mesopotamien. Das sieht die Generalstaatsanwaltschaft von Ankara anders. Die Behörde will den 40-Jährigen wegen eines Vergehens nach der Anti-Terror-Gesetzgebung (Art. 3713) anklagen. Darauf stehen zwischen einem Jahr und fünf Jahre Freiheitsstrafe.