Stanislav Ivanov: „Teile und Herrsche“-Prinzip geht weiter

In Kurdistan werde weiterhin die kolonialrassistische Praxis des „Teile und Herrsche“-Prinzips angewandt, so der Historiker Stanislav Ivanov in seiner Botschaft an das Efrîn-Forum. Das Volk müsse als Einheit agieren, um seinen Willen durchzusetzen.

Seit Sonntag findet in Amûdê im nordsyrischen Kanton Hesekê ein internationales Forum zur demografischen Veränderung und ethnischen Säuberung in Efrîn nach der Besatzung durch die Türkei statt. Persönlich anwesend war der Historiker und Sicherheitsexperte an der Russischen Akademie der Wissenschaften Stanislav Ivanov zwar nicht, hat sich jedoch mit einem schriftlichen Beitrag an dem Forum beteiligt. In seiner Botschaft, die gestern kurz vor der letzten Sitzung verlesen wurde, unterstreicht Ivanov, dass in Kurdistan weiterhin die kolonialrassistische Praxis des „Teile und Herrsche“-Prinzips angewendet werde. Nur eine kurdische Einheit sei „die beste Antwort an den Feind“, so Ivanov.

„Obwohl tausende Kilometer zwischen Moskau und Amûdê liegen, sind viele russische Bürgerinnen und Bürger in Gedanken an Eurer Seite. Ich möchte damit beginnen, meine Ehrfurcht vor dem heldenhaften Kampf der kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer gegen den IS und die Besatzungsangriffe des türkischen Staates zum Ausdruck zu bringen. Der Mut der Kämpfer*innen und ihr Heldentum werden in die Geschichte der Menschheit eingehen. Viele dieser jungen Frauen und Männer haben ihr Leben gegeben, um uns vor der Dunkelheit, die diese Terrorgruppen im 21. Jahrhundert schaffen wollten, zu retten.

Erdoğan hat sein Volk und seine Dschihadisten verraten

Erdoğan hat sein Volk ebenso wie seine Dschihadisten verraten, als er sich feige ins hinterste Zimmer seines Palastes zurückzog und die syrische und irakische Regierung unterstützte. Die Armeen dieser Länder sind, ohne zurückzublicken geflohen und haben ihre Waffen und ihre Munition zurückgelassen. Obwohl sie nur über leichte Waffen verfügten, haben die kurdischen Widerstandskämpferinnen und Kämpfer dem IS, der mit diesen schweren Waffen und Panzern angriff, die passende Antwort gegeben. Der heldenhafte Widerstand von Kobanê hat uns an den Widerstand, den unsere Vorväter gegen den Hitler-Faschismus geleistet haben, erinnert.

Aber leider blieben die Angriffe auf das kurdische Volk nicht darauf beschränkt. Der türkische Staat hat Mörser, Panzer und alle möglichen schweren Waffen an der Grenze zu Syrien zusammengezogen und ist dort einmarschiert. Ankara hat offen erklärt, dass die kurdischen Kräfte, die den historischen Widerstand gegen den IS geleistet haben, das Ziel dieser Angriffe sein. Die Angriffe auf Efrîn, die Massaker und ethnische Säuberungen begannen; eine neue Vertreibungswelle setzte ein. Die Häuser der Kurden in Efrîn wurden mit Gruppen wie Al-Nusra, die aus Idlib und Aleppo herangebracht wurden, gefüllt.

UN haben türkische Kriegsverbrechen nicht verurteilt

Der türkische Staat hat das Völkerrecht mit seinen Kriegsverbrechen mit Füßen getreten. Es ist mehr als bedauerlich, dass dies nicht von Autoritäten wie den Vereinten Nationen verurteilt wurde. Offensichtlich gibt es keine internationale Autorität die bereit ist, sich für ein Ende der Besatzung von Syrien, einem unabhängigen Staat, durch die Türkei einzusetzen. Von den Regierungen im Iran und in Syrien ist in dieser Hinsicht auch nichts zu erwarten. Die Regierungen in Teheran und Damaskus haben nur der Form halber lauten Protest geäußert. Sie haben nichts zur Unterstützung der kurdischen Bevölkerung in Syrien unternommen. Nicht nur das, die kurdischen Vertreter wurden weder in Genf, noch in Astana oder Sotschi in Gespräche involviert. Assad, die syrische Opposition und die sogenannten Garantiestaaten für eine Lösung der Syrienkrise in Gestalt Erdoğans und der Politik des Irans zielen darauf ab, die Rolle der kurdischen Bevölkerung bei der Zukunft Syriens zu vernichten.  Ich hoffe, dass dieses Forum die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Efrîn und die kurdische Frage richtet. Russland unterstützt die Beteiligung der kurdischen Bevölkerung an jeglichem Dialog.

Kurdische Einheit führt zum Erfolg

Damit die kurdische Opposition erfolgreich sein kann, müssen alle politischen Parteien und Kräfte eine Einheit aufbauen. Ich denke, eine Einigung aller kurdischer politischer Partei ist möglich. Die beste Antwort auf den Feind wäre es, wenn die kurdische Bevölkerung ihre inneren Widersprüche auflöst. Ankara, Damaskus, Teheran und Bagdad werden große Bemühungen unternehmen, um die Beziehungen innerhalb des kurdischen Volkes zu treffen und ein Klima des Misstrauens zu schaffen. Die genannten Staaten führen das alte „Teile und herrsche“-Prinzip weiter. Ich bin vollkommen überzeugt, dass die kurdische Bevölkerung gegenüber diesen Provokationen und Drohungen als eine Einheit agieren wird. Es ist nicht wichtig, welche Farbe und Form die Freiheiten haben. Das einzig wichtige ist, dass der autonome Wille der Bevölkerung unter Garantie genommen wird. Ich möchte meine Grüße von Herzen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem Forum und das kurdische Volk richten.“