Salih Muslim: Diplomatische Leistung für Efrîn nicht ausreichend

Im Gespräch mit ANF hat Salih Muslim, außenpolitischer Sprecher der PYD, die diplomatische Leistung seiner Partei für das Jahr 2018 bewertet. Der Politiker äußerte sich selbstkritisch und sagte: „Unsere Maßnahmen waren unzureichend."

Der außenpolitische Sprecher der PYD (Partiya Yekîtiya Demokrat, deutsch: Partei der Demokratischen Union) hat gegenüber ANF die diplomatischen Entwicklungen im Jahr 2018 in Nord- und Ostsyrien bewertet. Der Politiker äußerte sich selbstkritisch und sagte: „Unsere Maßnahmen waren unzureichend, denn sie konnten nicht verhindern, dass Efrîn besetzt wurde“. Im neuen Jahr werde die PYD schwerpunktmäßig für die Lösung der Syrienkrise und die Befreiung Efrîns arbeiten.

„Wir können nicht sagen, dass unsere diplomatischen Bemühungen für Efrîn ausreichend waren. Dieser Tatsache stehen wir sehr selbstkritisch gegenüber. Wenn wir in der Lage gewesen wären, in diplomatischer und politischer Sicht konstruktiv zu agieren und uns angemessener vorbereitet hätten, wäre die Situation möglicherweise eine andere“. Für Efrîn sei die gesamte Welt gewarnt worden, es habe am Ende aber nicht gereicht, so Muslim.

Arbeiten für Efrîn

Im Vergleich zu den Vorjahren sei man jedoch erfahrener, sagte Muslim: „Staaten wir Frankreich, die USA, Jordanien und weitere Länder bestehen darauf, dass wir an den Verhandlungen für die Zukunft Syriens teilnehmen. Ein Rückblick auf das Jahr 2018 zeigt, dass bestimmte Gewinne zu verzeichnen waren, Efrîn ist aber weiterhin unsere tiefste Wunde. Dass die vertriebene Bevölkerung noch immer in Zelten ausharrend auf die Befreiung ihrer Heimat warten muss, liegt an unserer nicht ausreichenden Arbeit. Daher werden wir unseren Schwerpunkt auf Bemühungen verlagern, die eine Rückkehr der Vertriebenen nach Efrîn ermöglichen“, sagte Muslim.

Bemühungen um eine Lösung

Im vergangenen Jahr hat es eine Reihe von Gesprächen und Treffen unter anderem mit Vertretern der französischen und britischen Regierung gegeben. Die Verhandlungen mit dem syrischen Regime seien zwar gleichermaßen von Bedeutung, doch habe man bisher keine konkreten Ergebnisse erzielen können. „Wir haben der internationalen Gemeinschaft gezeigt, dass wir offen für einen Dialog sind. Dass keine Lösung für die Syrien-Krise gefunden wird, scheitert nicht an uns. Wir haben einen Plan und wir haben ein Projekt, auf dessen Grundlage die Probleme gelöst werden können. Für Verhandlungen sind wir immer bereit“, so Muslim.

Die Einheit Syriens

Muslim erinnerte daran, dass die Demokratische Föderation Nordsyrien von den Gesprächen in Genf, Astana und Sotschi ausgeschlossen wurde: „Insbesondere die Türkei verhindert unsere Teilnahme an diesen Gesprächen. Ihre Regierung behauptet immer wieder, dass wir beabsichtigen Syrien zu spalten. Mit unserem Projekt einer demokratischen Selbstverwaltung haben wir der Welt bewiesen, dass wir nicht für die Spaltung, sondern für die Einheit Syriens arbeiten“.

Beziehungen zu Staaten in der Region

Salih Muslim erwähnte, im vergangenen Jahr die Gespräche mit einigen arabischen Ländern in der Region fortgesetzt zu haben. „Insbesondere mit Ägypten konnten wir wirksame diplomatische Beziehungen aufbauen. Es gibt aber leider auch arabische Länder, die gemeinsame Interessen mit der Türkei haben und wiederum andere Staaten, die gemeinsame Interessen mit dem Regime verfolgen. Dies zeigt uns, dass wir uns mit diesem Thema intensiver auseinandersetzen müssen“, sagte Muslim.  

Innerer Dialog

Der außenpolitische Sprecher der PYD Salih Muslim fügte hinzu, dass auch die Bemühungen um den Ausbau des Dialogs zu allen in Rojava aktiven Parteien weiterhin verfolgt werden. Die Beziehungen auf lokaler Ebene seien gut, jedoch könne man gleiches nicht in Bezug auf die Parteien behaupten, die sich außerhalb Rojavas für Nordsyrien einsetzen. Ein besonderer Kritikpunkt sei die Diskrepanz zwischen den Interessen. „In der letzten Zeit haben wir unsere Bemühungen für den Dialog mit allen politischen Parteien in der Region intensiviert. Unter ihnen gibt es welche, die unser System anerkennen. Mit diesen Parteien kamen wir vor etwa zwei Wochen zusammen und haben einen gemeinsamen Aufruf verfasst. Wir haben eine gemeinsame Haltung eingenommen und vereinbart, einmal im Monat zusammenzukommen. In Bezug auf die Parteien, die mit der Türkei arbeiten und unser System nicht anerkennen, suchen wir nach Methoden, um ins Gespräch zu kommen. Bisher gab es von ihnen keine positive Reaktion, aber wir glauben, unseren Dialog mit ihnen ebenfalls ausbauen zu müssen“.

Nationale Einheit

Salih Muslim betonte, eines der grundlegenden Ziele der PYD sei die nationale Einheit, aus diesem Grund sei man in allen Teilen Kurdistans im Dialog mit politischen Parteien und Kräften. „Wir tragen Hoffnung, dass die Probleme gelöst werden und sich die Situation der Region zum positiven entwickelt. Wir sind bereit, unseren Beitrag hierfür zu leisten. Unser Hauptanliegen hierfür ist natürlich die Realisierung eines Nationalkongress unter der Beteiligung aller“, sagte Muslim.

Befreiung Efrîns

Das vorrangige Ziel sei jedoch nach wie vor die Befreiung Efrîns von der türkisch-dschihadistischen Besatzung. „Wir hoffen inständig darauf, dass die Bevölkerung Efrîns in ihre Häuser zurückkehren kann. Den Widerstand unseres Volkes versuchen wir auf politischer und diplomatischer Ebene zu vertreten. Demnächst wird in Genf wieder über die Zukunft Syriens verhandelt. Aus diesem Grund ist die Türkei verärgert. Wir haben die Erwartung auf Gespräche mit freien Menschen in Syrien, um eine effektive Lösung für die Zukunft Syriens auszuarbeiten“.