Die Autonomieverwaltung hat den 25. April zum „Gedenktag für die Gefallenen von Nord- und Ostsyrien“ erhoben. Dieses Datum markiert einen tiefen Einschnitt in die Revolution von Rojava, denn an diesem Tag vor vier Jahren bombardierte die türkische Luftwaffe das auf dem Berg Qereçox bei Dêrik liegende Hauptquartier der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ. Zwanzig Kämpferinnen und Kämpfer kamen ums Leben, achtzehn weitere wurden teils schwer verletzt. International wurde der Luftschlag als Entlastungsangriff für den unter Druck geratenen Verbündeten der Regierung in Ankara, die Terrororganisation „Islamischer Staat” (IS), gewertet. Zeitgleich fanden Luftangriffe auf die ezidische Region Şengal, Kisra und Dörfer bei Amûdê statt.
In einer Stellungnahme der Selbstverwaltung zur Erhebung des Gefallenen-Gedenktages heißt es: „Das Fundament des Selbstverständnisses der Revolution von Rojava fußt auf den Prinzipien eines demokratischen, pluralistischen, friedlichen, dezentralen und gemeinsames Lebens und der Geschwisterlichkeit der Völker. Junge Menschen der verschiedensten Farben im Autonomiegebiet brachten in dieser Revolution einzigartige, unvergleichliche Opfer. Diese Hingabe greifen wir in Nord- und Ostsyrien auf. Wie auch immer die Bedingungen sind, begreifen wir den Moment als den einzigen Weg, die Ideale zu erreichen, für die unsere Jugend ihr Leben geopfert hat. Nur die Verbundenheit zum Weg der Gefallenen führt uns zum Erfolg und lässt uns die Hoffnungen der Völker verwirklichen.
Wir gedenken aller Menschen, die in Nord- und Ostsyrien ihr Leben gaben, und erinnern an jene, die sich am 25. April 2017 der Karawane der Gefallenen anschlossen, als der türkische Besatzerstaat durch seinen direkten Angriff gegen den Qereçox seine Besatzung auszudehnen versuchte. Aufopfernd und voller Hingabe kämpften diese Menschen damals, um den IS zu vernichten. Den Sieg errangen sie am 23. März 2019 in Baghuz und feierten ihren Erfolg.
Als Autonomieverwaltung erklären wir den 25. April zum ‚Tag der Gefallenen von Nord- und Ostsyrien‘, um die Erinnerung an sie wachzuhalten und ihr Erbe weiterzutragen. In jedem Fall werden wir dem Weg unserer Gefallenen folgen und ihr Vermächtnis mit unserem Willen verteidigen. Mit dieser Kraft werden wir unsere besetzten Gebiete befreien und die Hoffnungen unserer Völker auf Freiheit und Demokratie verwirklichen.”
Der Angriff von Qereçox
Der Berg Qereçox befindet sich im Dreiländereck Syrien, Irak und Türkei und ist von strategischer Bedeutung. Früher war er Treffpunkt von Handelskarawanen, 1956 fand hier die erste Erdölbohrung in Syrien statt. Für den Angriff vor vier Jahren drangen in der Nacht vom 24. auf den 25. April insgesamt 26 Kampfbomber der türkischen Luftwaffe in den von der internationalen Koalition gegen den IS kontrollierten syrischen Luftraum ein. Das Ziel war ein Geländekomplex, auf dem neben dem Hauptquartier der Generalkommandanturen von YPG und YPJ auch das Gebäude der Pressezentrums, der Radiosender Dengê Rojava, eine Druckerei sowie weitere militärische Einrichtungen untergebracht waren.
Bereits in den Anfangsjahren der Revolution von Rojava spielte das Gelände eine wichtige Rolle. Die damaligen Verteidigungseinheiten nutzten es für ihre militärische Ausbildung. Nach der Gründung der YPG entstand auf dem Qereçox Ende 2013 das Hauptquartier. Zuvor hatte im April 2013 eine Gruppe kurdischer Studierender den Radiosender Rojava FM dort gegründet. Die Radiostation wurde später in das Pressezentrum der YPG/YPJ umgewandelt.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gab kurz nach den von ihm befehligten Luftschlägen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters an, dass die USA, Russland und die Regierung Südkurdistans im Vorfeld in Kenntnis gesetzt worden seien. Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) drohten damals den USA, die Operation „Zorn des Euphrats” zur Befreiung von Raqqa abzubrechen, sollten sich die Luftangriffe der Türkei, die ein offizielles Mitglied der Anti-IS-Koalition ist, fortsetzen.