In der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien breitet sich die im August ausgebrochene Cholera-Epidemie weiter aus. Nach Angaben des Rojava Information Center gibt es 5.900 Verdachtsfälle, 98 bestätigte Fälle und 36 Todesfälle. Die Testkapazität ist begrenzt, daher werden zu wenige Fälle gemeldet.
In Raqqa hat das Gesundheitskomitee der AANES (Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien) ein Behandlungszentrum eingerichtet und verteilt Aufklärungsbroschüren, doch fehlt ihm nach eigenen Angaben die Ausrüstung für die Durchführung ordnungsgemäßer Tests, so dass es auf zwei Labore des Privatsektors angewiesen ist. In Deir ez-Zor sagte der Ko-Vorsitzende des Gesundheitskomitees, Muhammad al-Salem, dass „der Mangel an humanitärer Hilfe und an Kapazitäten wie Medikamenten und medizinischem Material eine schnelle Behandlung behindert". Eine rasche Behandlung verringert die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ansteckung mit der Krankheit zum Tod führt, erheblich. Vor kurzem wurden auch erstmals Infektionen im von der Türkei besetzten Efrîn sowie in den Lagern für Binnenvertriebene in Idlib gemeldet.
Die kurdische Rothalbmondorganisation Heyva Sor a Kurd versucht die Epidemie mit einer Aufklärungskampagne und der Desinfektion von Wassertanks zu bekämpfen. Das Gesundheitspersonal wird in Seminaren geschult und die Bevölkerung mit Broschüren und Videos über die Krankheit aufgeklärt.
Aufklärungsvideo zur Vermeidung einer Cholera-Infektion
Cholera ist eine akute Durchfallerkrankung, die durch die Aufnahme von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser verursacht wird. Die weitgehende Zerstörung der Wasserinfrastruktur durch den Krieg in Syrien bedeutet, dass ein Großteil der Bevölkerung auf unsichere Wasserquellen angewiesen ist. Die Türkei setzt Wasser im Autonomiegebiet Nordostsyrien als Waffe ein und reduziert den Wasserstand des Euphrat und anderer Quellen auf türkischem Territorium. Bereits vor dem jüngsten Choleraausbruch hatte die Wasserkrise nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu einem Anstieg von Krankheiten wie Durchfall, Unterernährung und Hautkrankheiten in der Region geführt. Aufgrund des niedrigen Wasserstands sind schätzungsweise mehr als 200 Wasseraufbereitungsanlagen am Euphrat außer Betrieb. Viele Menschen verwenden daher unbehandeltes Euphrat-Wasser als Trinkwasser oder zur Bewässerung, da sie bei akutem Wassermangel keine andere Wahl haben.