Nachricht einer Internationalistin aus Rojava

„Auch wenn der Faschismus grade stark zu sein scheint, war er nie unwidersprochen und wird nie unwidersprochen bleiben“, betont eine Internationalist in einer Botschaft an die Suchenden nach einer freien Welt aus Rojava.

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Suchenden nach einer freien Welt,

Ich schicke euch diese Nachricht aus Rojava.

Ich bin hierher gefahren, weil ich die Revolution und vor allem die Revolution der Frauen sehen, erleben, erfahren wollte. Weil ich verstehen wollte, was wir von diesem Ort, diesem Raum, den Menschen und der Bewegung hier lernen können.

Diese Räume werden seit wenigen Tagen angegriffen. Sie werden von einer faschistischen Kraft angegriffen, die nicht ausschließlich der türkische Staat ist, sondern ein System, was sich über den türkischen Staat hinausstreckt. Ein System, das in Halle mordet, das den IS entstehen lässt und das nun Rojava angreift. Es ist das faschistische System des kapitalistischen Patriarchats.

Auch wenn der Faschismus grade stark zu sein scheint, war er nie unwidersprochen und wird nie unwidersprochen bleiben.

Denn wir sind da. Wir, die hier in Rojava sind. Wir sind die Nichten und Neffen der Hexen, die sie nie verbrennen konnten und nun mit unterschiedlichsten Aufgaben Teil des Widerstandes sind. Ihr, die auf den Straßen seid, Diskussionen führt, Aktionen macht, Bilder malt und vieles mehr. Ihr, die die Nachfahren der Widerständigen der Welt seid. Wir gemeinsam, die wir uns Kraft geben.

Wir hier hören Einschläge von Granaten, hören wie Luftangriffe auf Kobanê oder Dêrik geflogen werden. Ihr dort kämpft gegen die Hoffnungslosigkeit, faschistische Banden, Wohnungsnot und das Vergessen.

Wir hier sehen und hören, wie viele Leute ihre Häuser niemals verlassen werden. Sie werden Widerstand leisten. Mit allem, was das bedeuten wird. Wir hören, wie die Verteidigungseinheiten kreative und entschlossene Aktionen machen. Wir sehen euch auf Bildern von Aktionen.

Und ihr hört von uns, vom Widerstand. Und ihr seid selber Teil des Widerstands an euren Orten.

Aber auch von der Bedeutung des Krieges. Was es heißt, wenn Kobanê nach so wenigen Jahren wieder angegriffen wird. Ihr wisst, was es heißt, wenn der IS wieder erstarkt.

Wir alle hören voneinander und sind miteinander verbunden. Und genau das müssen wir uns bewusst machen.

Und genau weil wir das alles wissen und sehen, werden wir uns der Bedeutung bewusst.

Und wir wissen, dass diese Revolution dann verteidigt werden kann, wenn wir alle unsere Verantwortung wahrnehmen.

Ich erinnere mich an die letzten Monate, all das was wir gesehen, erfahren und gelernt haben. An all die Menschen, die mit uns gemeinsam jetzt im Widerstand sind. An euch, die mit uns an anderen Orten kämpfen.

An die Mütter, die ihre Kinder, ihre Gesellschaft verteidigen werden. An die Orte, die so voller Geschichte sind, und die Menschen, die so voller Erzählungen sind.

An all das, für das wir hier und ihr dort kämpft. All das, was anders werden muss und wofür wir viel Kraft brauchen werden. An den Widerstand, der jetzt weitergeht.

Und ich bin mir sicher, wir können das kapitalistische Patriarchat besiegen. Wir können es. Weil wir beieinander sind. Als Frauen. Als Menschen mit anderen Identitäten. Als Menschen, die suchen und die finden werden. Die schon gefunden haben. Denn genau diese Suche bringt uns mit jedem Schritt, mit jedem kleinen und großen Widerstand einen Schritt weiter in Richtung dessen, was wir suchen.

Einer freien, geschlechterbefreiten Gesellschaft. Und dafür, dafür werden wir kämpfen, Hevals. Wir hier in Rojava, ihr an anderen Orten. Aber gemeinsam.

Serkeftin an serkeftin

Jin jiyan azadi!