Zum Jahrestag der Befreiung von Kobanê vor sieben Jahren äußert sich der kurdische Politiker Salih Muslim aus dem Ko-Vorstandskomitee der Partei der Demokratischen Einheit (PYD) zur Bedeutung von Kobanê und zum aktuellen Angriff auf das Sina-Gefängnis in Hesekê. Muslim erklärt zu den Gründen, warum der IS damals Kobanê angegriffen habe: „Wenn wir auf die Karte von damals blicken, dann befand sich die Grenze vom Westen von Serêkaniyê bis Efrîn unter der Kontrolle des IS. An der Grenze zur Türkei war nur noch Kobanê übrig. Kobanê musste fallen, um eine Verbindung zwischen den Grenzstädten herzustellen. Das war für den IS alternativlos. Die übrigen Städte hatten sich alle ergeben, von Dscharablus bis zum Westen bis Azaz, sie alle befanden sich unter der Kontrolle des IS, einschließlich Minbic. Im Süden standen Sirrîn bis Raqqa und im Osten das Gebiet von Serêkaniyê bis Girê Spî unter der Herrschaft des IS. Nur Kobanê war noch übrig. Deshalb richtete sich der IS gegen Kobanê, um die Besatzung zu erweitern und die gesamte Region unter Kontrolle zu bekommen. Der IS sollte hierher kommen, dann die Türkei und ihre Söldnertruppen, die aus IS-Mitgliedern bestanden. Sie sollten die Kontrolle übernehmen und eine eigene Verwaltung aufbauen. Das war der Plan. Die Türkei, die FSA und der IS, alle wollten Kobanê angreifen, ersticken und übernehmen.“
„Symbol des Sieges und der Revolution“
Mit der Niederlage des IS in Kobanê begann das Ende der militärischen Herrschaft der Dschihadisten. Muslim fährt fort: „Kobanê ist in diesem Sinne zu einem Symbol geworden, ein Symbol des Sieges und der Revolution. Deshalb ist Kobanê im Visier von allen möglichen Kräften. Das syrische Regime wurde aus Kobanê als erstes verdrängt. Russland benutzt das, weil Russland das Regime unterstützt. Die Türkei kann nicht vergessen, dass ihre Pläne hier gescheitert sind. Für die Türkei ist es zu einer Frage der Ehre geworden, und sie hat sich darauf fokussiert, wie sie hier Rache nehmen kann. Bei jeder Gelegenheit verkündet die Regierung, sie werde Kobanê erobern.“
Kobanê spiele aber auch auf der Ebene der internationalen Beziehungen und zwischen den Kurd:innen eine sehr entscheidende Rolle, so Muslim: „Kobanê wurde für alle Kurd:innen zu einer Frage der Ehre. Kobanê symbolisierte die Einheit der Kurd:innen. Deshalb greifen alle Kräfte Kobanê an, um diese Legende zu vernichten.“
„Hesekê war Teil eines großen Plans“
Zu dem IS-Angriff auf das Sina-Gefängnis in Hesekê und dem versuchten Massenausbruch erklärt Muslim: „Das war ein großer Plan. Der IS setzte alle Erfahrung und seine Unterstützung ein. Das geht hin vom Zeitpunkt, zum Tag und zur Stunde; sie hatten geplant, wann sie angreifen, wie sie angreifen, wie sie fliehen würden. Sechs Monate lang wurde dieser Plan bis ins kleinste Detail erarbeitet. Es wurde vorbereitet, wohin die Ausbrecher gehen würden, von wem sie aufgenommen werden, ob sie in Häuser oder andere Orte gebracht werden, wie sie in die Türkei, wie sie nach Serêkaniyê fliehen würden. All das wurde geplant. Sie versuchten, das umzusetzen, aber sie sind gescheitert. So wie das Vorrücken des IS in Kobanê gescheitert ist, ist auch dieser zweite Versuch in Hesekê zerschlagen worden. Das sollte dem IS und seinen Unterstützern eine Lehre sein. Dieser Plan war mit den Entscheidungen von Astana verbunden, es ging um die Vernichtung der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien. Sie hatten vor dem Angriff Embargos verhängt, die Grenzübergänge von allen Seiten geschlossen, die Angriffe türkischer Söldner intensiviert. Aber der Plan ist gescheitert.“