Hausdurchsuchungen wegen Besuch der Bundespressekonferenz

In Berlin haben mehrere Hausdurchsuchungen stattgefunden. Begründet wurden sie mit Hausfriedensbruch im Zusammenhang mit der Intervention zum Hungerstreik gegen die Isolation von Abdullah Öcalan auf einer Bundespressekonferenz.

Am letzten Donnerstag fanden in Berlin mindestens drei Hausdurchsuchungen statt. Begründet wurden die Razzien mit Hausfriedensbruch im Zusammenhang mit der Intervention auf der Bundespressekonferenz am 8. Mai 2019. Mit den Worten „Wir wollten gar nicht lange stören, wir gehen gleich wieder“ hatten vier Aktivist*innen auf einer Bundespressekonferenz um Aufmerksamkeit für den Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans geworben.

„Wir sind heute hier, um auf den Hungerstreik von 7000 Menschen aufmerksam zu machen, da dieses Thema in den deutschen Medien keine Beachtung findet. Wir verurteilen die politische und militärische Kooperation der deutschen Regierung mit dem AKP-Regime. Die Hungerstreikenden fordern die Aufhebung der Isolationshaft Abdullah Öcalans. Sie engagieren sich für einen demokratischen Wandel in der Türkei. Deutsche Waffen raus aus Kurdistan!“, erklärten sie und wurden dann vom Sicherheitsdienst des Hauses aus dem Saal begleitet.

Zu den Hausdurchsuchungen heißt es nun auf der Internetplattform indymedia:

Am Morgen des 13.02.2020, fanden in Berlin mindestens 3 Hausdurchsuchungen statt, davon eine in dem Hausprojekt B53/55 in Neukölln und 2 in Privatwohnungen.Die Durchsuchungen wurden von BFE Einheiten des LKA zusammen mit PMS links durchgeführt.

In den Privatwohnungen wurden sämtliche Zimmer durchsucht mit dem Vorwand nach einem "Transmitter" zu suchen, mit dem sich Zugang zur Bundespressekonferenz verschafft worden sein soll. Der Vorwurf: Hausfriedensbruch im Zusammenhang mit der Intervention auf der Bundespressekonferenz am 08.05.2019 (siehe: https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/bundespressekonferenz-wir-wollten-gar-nicht-lange-stoeren-11267). Dabei wurden unter anderem ein Handy und ein Computer beschlagnahmt, die Polizei ging wieder einmal super brutal vor. In einer Wohnung wurde ein Mitbewohner in Unterhose an die Wand gedrückt und eine Person von Bullen aus dem Bett geholt.In einer anderen Wohnung wurden 2 Mitbewohner*innen Handschellen angelegt.

In dem Hausprojekt händigten die Bullen, trotz Aufforderung der Bewohner*innen, nicht den Durchsuchungsbeschluss aus. Sie zeigten lediglich den oberen Rand eines Stück Papiers, welches einsehen ließ, dass es sich dabei um einen Durchsuchungsbeschluss für eine Person und deren Zimmer handelt. Deswegen kann an dieser Stelle nur vermutet werden, dass es sich bei den von uns wissenden drei Hausdurchsuchungen um den selben Vorwurf des Hausfriedensbruchs bzgl. der Intervention auf der Bundespressekonferenz am 08.05.2019 handelt.

Das Vorgehen der Bullen erinnert außerdem an die 4 Hausdurchsuchungen im Juni 2019, ebenfalls wegen der vermeintlichen Störung einer Bundespressekonferenz im Januar 2019, ebenfalls lautete der Vorwurf Hausfriedensbruch (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1090234.razzien-in-berlin-polizei-durchsucht-linkes-projekt.html).

Hausdurchsuchung in einer Privatwohnung

Pünktlich um 7 haben die Bullen (8-10 Bullen vom LKA 5 mit den üblichen Kandidat*innen vom PMS links) gegen die Tür gewummert, sich nicht als solche erkenntlich gegeben, den Türspion zugehalten und sich auf Nachfrage, ob sie sich denn ausweisen können, damit gedroht, jetzt die Tür einzurammen, woraufhin ihnen geöffnet wurde. In der Wohnung wurden 2 Personen angetroffen, eine davon dort wohnhaft, die andere auf Besuch. Die beschuldigte Person wurde nicht angetroffen. Beiden anwesenden Personen wurden unmittelbar Handschellen angelegt mit Verweis auf "Selbstschutz", der Durchsuchungsbefehl wurde erst nach vollständiger Begehung der Wohnung vorgezeigt, da angeblich nicht unmittelbar geöffnet wurde. Hier lautete der Vorwurf, ebenso wie in der anderen Privatwohnung, Hausfriedensbruch im Zusammenhang mit der Bundespressekonferenz im Mai 2019. Der Besucher durfte die Wohnung nach Identitätsfeststellung verlassen, jedoch wurde sein Laptop eingesackt, da er sich weigerte, ihn mit Passworteingabe zu entschlüsseln.

Dann wurde das Zimmer der beschuldigten Person durchsucht, außerdem wurden - angeblich aufgrund von Zweifeln, dass das zugewiesene Zimmer tatsächlich von der beschuldigten Person bewohnt wird - alle anderen sowohl gemeinschaftlich genutzten als auch privaten Zimmer, trotz Namen an den Türen und ohne Einwilligung der Bewohner*innen, begangen und ebenfalls oberflächlich durchsucht (Sichtung der Dokumente, Öffnen von Ordnern, Begutachten von Büchern usw), was auch fleißig dokumentiert und fotografiert wurde. Es wurden mehrere Zimmer gleichzeitig begangen, so dass die Anwesenheit einer Zeug*in nicht permanent möglich war. Nach etwa einer Stunde haben sie die Wohnung schlussendlich verlassen.

Hausdurchsuchung in dem Hausprojekt B 53/55 in Neukölln

Auch das Hausprojekt „Brauni 53/55“ wurde um kurz vor sieben von zahlreichen Cops gestürmt. Geleitet vom LKA, waren noch eine BFE Einheit und zahlreiche bekannte Gesichter vom PMS dabei. Der anwesende Staatsschutz war vermummt, teilweise mit Hassis.

Nachdem die gesuchte Person nicht direkt angetroffen wurde, schienen auch die Bullen etwas verwirrt darüber zu sein, was sie jetzt als nächstes tun sollen. Der Einsatzleiter ordnete dann noch wenigstens einige Identitätskontrollen und Raumbegehungen an, um sicher zu stellen, dass sich die gesuchte Person nicht doch noch unter irgend einem Bett versteckt hielt. Nachdem auch diese Nummer erfolglos für die Bullen verlief, zogen sie nach circa einer dreiviertel Stunde unverrichteter Dinge wieder ab. Festgenommen oder verletzt wurde niemand.

Und jetzt?

Weder die Privatwohnungen, noch das Hausprojekt in Neukölln werden sich von dieser Repression einschüchtern lassen! Wir zeigen uns solidarisch mit den Betroffenen von Repression und stehen gemeinsam, Seite an Seite, gegen den Staat und seinen Bullenapparat ein. Die alt bekannte Parole hat sich am Morgen des 13.02.20 bewährt: getroffenen hat es einen, gemeint sind offensichtlich wir alle! Deswegen sind die allgemeinen facts noch einmal umso wichtiger:

Versucht, euch auf solche Situationen vorzubereiten, damit ihr im Ernstfall wisst, wie ihr handeln müsst. Kennt eure Rechte und versucht sie durchzusetzen, auch wenn das in den meisten Fällen aussichtslos ist. Aber lasst euch auf keine großen Diskussionen ein, denn am allerwichtigsten ist: redet nicht unnötig mit denen und verweigert eure Aussage! Egal, ob sie übers Wetter quatschen, versuchen, "witzig" zu sein, sich über euch lustig machen oder euch einschüchtern wollen, egal was sie kommentieren - geht nicht darauf ein. Damit beschafft ihr ihnen einen Zugang zu euch und legt mehr Dinge offen, als euch vielleicht in diesem Moment bewusst ist. Schon gar nicht wird geredet, wenn sie versuchen, Informationen aus euch rauszukriegen! Entschlüsselt außerdem nicht eure elektronischen Geräte - schade um den Laptop/Handy/Festplatte, aber besser weg und verschlüsselt, als dass ihr ihnen Zugriff auf eure Daten gewährt. Schlussendlich: unterschreibt nichts, holt euch Support und eine*n Anwält*in! Und denkt immer dran, bald ist das Ganze auch wieder vorbei.