Hami: UNO muss Verantwortung für Rückkehr nach Efrîn übernehmen

Jamila Hami, Nordsyrienverantwortliche der Hilfsorganisation Heyva Sor a Kurdistan, richtete einen Appell an die internationalen Mächte und die UN, ein Programm zur Schaffung einer Grundlage für eine sichere Rückkehr der Menschen nach Efrîn zu entwickeln.

Die Ärztin und Ko-Vorsitzende der Hilfsorganisation Heyva Sor a Kurdistan in Nordsyrien, Jamila Hami, hat für ANF die Politik der Vereinten Nationen (UN), der internationalen Hilfsorganisationen und der internationalen Mächte gegenüber den Binnenflüchtlingen in Rojava bewertet. Hami weist zunächst auf die 13 Flüchtlingslager in Nordsyrien hin und kritisiert, dass die UN und insbesondere die internationalen Hilfsorganisationen in diesen Camps keinerlei ernsthafte Hilfe leisten. Mit der Hilfe für die Geflüchteten werde die Organisation Heyva Sor a Kurdistan (Kurdischer Roter Halbmond) und die autonome Selbstverwaltung alleingelassen: „Warum ignorieren die Vereinten Nationen den Fakt, dass in der Demokratischen Föderation Nordsyrien Flüchtlinge leben, während sie an vielen anderen Orten Syriens Hilfsprogramme für Flüchtlinge auflegen?“, fragt sie.

Probleme in den Camps sind massiv

Die Bevölkerung sei mit massiven Problemen konfrontiert, berichtet Jamila Hami über die Situation in den Camps. „Es bestehen ernsthafte Schwierigkeiten im gesundheitlichen Bereich. Menschen, die eine medizinische Behandlung benötigen, können weder nach Efrîn gehen, noch in die Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen. Diejenigen, die nach Efrîn gehen, werden von türkeitreuen Söldnern gefoltert. Andere, die auf Hilfe in Gebieten unter Regimekontrolle hoffen, müssen wochenlang auf eine Erlaubnis warten. Diese Lage verdoppelt das Leid der Menschen“.

Mit kurzfristigen Programmen ist das Problem nicht zu lösen

Es gebe verschiedene Einrichtungen, die der Bevölkerung in Şehba zwar kurzfristige Hilfe anbieten. Hami betont jedoch, dass vorübergehende Hilfe keine Lösung für das Leid der Menschen darstellt und erklärt: „Das Land der Menschen und ihre Häuser wurden vor den Augen der ganzen Welt besetzt. Einige konnten fliehen und sich retten, aber Hunderte Menschen, unter ihnen Frauen und Kinder, wurden umgebracht. Diejenigen, die währenddessen schwiegen, helfen jetzt auch nicht dabei, dass die Vertriebenen sicher nach Hause zurückkehren können.“

UN und internationale Kräfte müssen ihre Rolle spielen

Hami kritisiert vor allem die Vereinten Nationen. Trotz Dutzender Aufrufe seien Forderungen der Bevölkerung bis heute nicht erwidert worden. Das Hauptproblem sei nicht die Versorgung der Menschen mit humanitärer Hilfe: „Nicht einmal das tun sie. Das Hautproblem ist die Schaffung eines Programms, das eine rechtliche Grundlage für die sichere Rückkehr der Vertriebenen nach Hause schafft. Solch eine Situation würde bewirken, dass unsere Menschen nach Hause und in ihr Land zurückkehren. Auf diese Weise würde ihr Leid - und wenn es auch nur ein wenig ist - gelindert.“

Politik der UN ist nicht unabhängig

Die Syrienpolitik der UN habe sowohl politisch als auch humanitär nicht unabhängig von den kriegführenden Parteien agiert, sagt Hami. Mit ihrer Haltung zum Syrien-Krieg seien die Vereinten Nationen in jeder Beziehung durchgefallen. Das beste Beispiel dafür haben man in Efrîn gesehen: „Es gibt in vielen Gebieten von Rojava Flüchtlingscamps, die sich allein aufgrund unserer Unterstützung auf den Beinen halten können. Bis heute hat es für die Menschen dort keinerlei ernsthafte internationale Hilfe gegeben. Die UN unterstützen Ankara hinsichtlich der Flüchtlinge in der Türkei, verschließen jedoch Augen und Ohren, wenn es um die Situation der Schutzsuchenden in Rojava geht. Rojava ist von allen Seiten umzingelt und steht unter einem Embargo. In einer solchen Situation ist es für uns nicht einfach, dort Hilfe zu leisten, wo es nötig ist. Diese Realität muss man anerkennen. Wenn man Hilfe leisten möchte, dann sollte dies auch über uns laufen.“

Mörderische Politik der Türkei wird unterstützt

An der türkischen Grenze sind bisher Hunderte Flüchtlinge aus Syrien gestorben. Bisher gebe es darauf keinerlei ernsthafter Reaktionen, so Hami. „Es ist bedauerlich. Die UN und die internationale Staatengemeinschaft schweigen und unterstützen damit die mörderische Politik der Türkei.“

Für Rückkehr der Familien von IS-Mitgliedern muss gesorgt werden

In Nordsyrien gibt es auch Lager, in denen sich Familien von Mitgliedern der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) und anderer dschihadistischer Gruppierungen befinden. In den Gefängnissen Rojavas sitzen rund 800 Islamisten aus 46 Ländern in Haft, deren Herkunftsstaaten sich einer Rückführung verweigern. Dazu berichtet Hami: „Wir haben die Familien der Dschihadisten ohne jeden Unterschied mit Hilfe versorgt. Unsere Appelle zu diesem Thema müssen ernstgenommen und diese Menschen von ihren Herkunftsländern zurückgenommen werden. In Nordsyrien können Dschihadisten nicht vor Gericht gestellt werden“.