Gewriye: AKP bereitet neue Massaker vor

Die stellvertretende Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens, Elizabet Gewriye, sagt, die AKP stelle eine Fortsetzung der faschistischen jungtürkischen Bewegung dar. Sie warnt vor neuen Massakern in Nordsyrien.

In Ayn Isa sprachen wir mit der Ko-Vorsitzenden des Exekutivrats der demokratisch-autonomen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens, Elizabet Eysa Gewriye, über die nun schon seit acht Jahren andauernde Syrienkrise. Gewriye warnt davor, dass der türkische Präsident Erdoğan versuche, die Bevölkerungsstruktur von Cerablus bis Efrîn durch Massaker und Besatzung zu verändern und beabsichtige, diese Praxis nun auf ganz Nordsyrien auszuweiten. Sie sagt: „Wir haben demokratisch-autonome Selbstverwaltungen aufgebaut, welche die weltanschaulichen, ethnischen und politischen Rechte aller Völker und Gesellschaften anerkennen. Als wir Anfang 2014 die Selbstverwaltungen gründeten, taten wir dies auf der Grundlage der Gleichheit, der Geschwisterlichkeit der Völker und der gesellschaftlichen Gerechtigkeit.“

Für ein neues, demokratisches Syrien

Mit dem schweren Kampf an der Front habe man es geschafft, bis zur Gründung der Demokratisch-Autonomen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens zu kommen. Die Selbstverwaltung ziele jedoch nicht darauf ab, Syrien zu spalten, sondern ganz im Gegenteil: Sie wurde für ein neues, demokratisches Syrien gegründet. „Die Völker Nordsyriens treten dafür ein, dass dieser politische Wille in einer neuen syrischen Verfassung anerkannt wird und dort vertreten ist“, betont Gewriye.

Ankara will neue Massenmorde verüben

Der undemokratische türkische Staat fühle sich vom demokratischen Projekt gestört, sagt Gewriye. Die AKP stehe in der Tradition der jungtürkischen Bewegung: „So wie die Komitees für Einheit und Fortschritt die Suryoye und Armenier*innen ermordet haben, möchte die AKP nun den Massenmord von 1915 wiederholen. Die Türkei hat in Efrîn, Bab und Cerablus Massaker verübt und die Bevölkerung vertrieben. Erdoğan will die Demografie der Region ändern. Er möchte die Region mit einem neuen Krieg überziehen, ein Abschlachten der arabischen, kurdischen, aramäischen, turkmenischen, armenischen und tscherkessischen Bevölkerung herbeiführen und diese aus Nordsyrien vertreiben“, sagt Gewriye.

Erdoğan greift Demokratieprojekt an

„Bis jetzt kämpften unsere Kräfte im letzten dem IS verbliebenen Gebiet. Dennoch greift Erdoğan unser Projekt und unsere Kräfte an. Er greift Serêkaniyê, Kobanê und Girê Spî an. Er will sich mit seinem monistischen, chauvinistischen Denken auch auf unserem Territorium ausbreiten. Auf diese Weise verschafft er dem IS eine Atempause und unterstützt ihn“, so Gewriye.

Land und Bevölkerung verdienen eine Lösung

Die Syrienkrise könne nicht mit Krieg gelöst werden, betont sie. Für die Beendigung des Krieges müssten die Vereinten Nationen (UN) intervenieren. „Die Völker Syriens haben genug gelitten. Wir wollen ein demokratisches Syrien aufbauen. Denn unser Land, unsere Region und unsere Völker verdienen das. Historisch betrachtet ist die Zivilisation, die in Syrien aufgebaut wurde, die Wiege allen Wissens. Auf diesem Boden wurden die ersten Buchstaben geschrieben.“

Wer ist Elizabet Eysa Gewriye?

Elizabet Eysa Gewriye ist Mutter von drei Kindern und war 28 Jahre als Lehrerin tätig. Sie hat sich insbesondere für den Erhalt und die Entwicklung der aramäischen Sprache eingesetzt und wurde zur Sprecherin der Suryoye-Community. Ab 2005 arbeite Gewriye in der Volksdiplomatie und übernahm ab 2014 eine Führungsrolle in der Selbstverwaltung. Gewriye setzt auch aktuell ihr Engagement für die aramäische Sprache fort und hat das Amt der stellvertretenden Ko-Vorsitzenden des Exekutivrats der demokratisch-autonomen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens inne.