Gesundheitsgefährdende Zustände für Flüchtlinge aus Efrîn

Die vor der türkischen Besatzungsmacht aus Efrîn nach Şehba geflüchteten Menschen leben unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Es sind bereits mehrere Menschen gestorben.

Hunderttausende Menschen, die vor den türkisch-islamistischen Invasionstruppen aus Efrîn fliehen mussten, leben seit der Evakuierung aus der Stadt am 18. März unter gesundheitswidrigen Umständen in der Region Şehba. Die meisten mussten ihren gesamten Besitz auf der Flucht zurücklassen.

Ein Teil der Geflüchteten ist in den in Eigenregie errichteten Camps Berxwedan und Serdem untergekommen. Viele Menschen harren jedoch weiterhin auf der Straße, in Schulen, Moscheen oder Ruinen aus. Die Region Şehba ist erst vor kurzer Zeit von der Herrschaft islamistischer Gruppen befreit worden und verfügt nur über begrenzte Möglichkeiten, die Neuankömmlinge zu versorgen. Mit Anbruch des Frühlings herrscht bereits jetzt große Hitze, wodurch sich Krankheiten schnell verbreiten.

Keine internationale Unterstützung

Hêvî Mistefa, die Ko-Vorsitzende der Autonomieverwaltung des Kantons Efrîn, äußerte sich ANF gegenüber zu den aktuellen Problemen und Bedürfnissen der Vertriebenen. Als erstes betont sie, dass es bei der Evakuierung aus der Stadt keinerlei internationale Begleitung oder Beobachtung gegeben habe: „Bereits auf dem Weg sind viele Kinder und alte Menschen gestorben“, sagt sie.

Seit einem Monat kämpfen die Menschen aus Efrîn in Şehba ums Überleben. Die Selbstverwaltung kümmert sich um ihre Versorgung, kann jedoch aufgrund ausbleibender Unterstützungsleistungen nur unzureichend mit Lebensmitteln und Unterkünften aushelfen.

„Bisher ist von keiner internationalen Hilfsorganisation Unterstützung erfolgt. Das Rote Kreuz und eine Flüchtlingsorganisation haben einen einzigen Besuch abgestattet. Was sie mitgebracht haben, ist angesichts des riesigen Bedarfs nicht der Rede wert“, erklärt Hêvî Mistefa.

Mehrere Kinder an Mangelversorgung verstorben

Inzwischen sind in der Region zwei selbstverwaltete Camps errichtet worden, in denen knapp tausend Familien untergebracht werden konnten. Unzählige weitere Menschen leben nach Angaben Mistefas weiter in Ruinen: „Es sterben fast täglich Kinder und Schwerkranke, weil es keine ausreichende Gesundheitsversorgung gibt.“

Hêvî Mistefa ruft zur Unterstützung auf: „Wir appellieren in erster Linie an unser Volk. Şehba ist ein Ort des Widerstands. Alle Kurdinnen und Kurden sollten sich für die Menschen aus Efrîn einsetzen. Wir haben Dutzende Briefe an humanitäre Einrichtungen geschrieben. Vor uns liegen die Sommermonate. Dadurch wird sich die gesundheitliche Situation weiter verschlechtern. Wir rufen Gesundheitsorganisationen dazu auf, hierher zu kommen. Bisher ist niemand zu Besuch gekommen. Daher müssen die Öffentlichkeitsaktionen auf internationaler Ebene fortgesetzt werden, um den Menschen aus Efrîn eine Stimme zu verleihen. Die Flüchtlinge in Şehba brauchen internationalen Schutz. Was wir fordern, ist eine gesicherte Rückkehr nach Efrîn unter internationaler Beobachtung.“

Fast 200.000 Menschen in Şehba müssten versorgt werden, fährt die Kantons-Vorsitzende fort. Die Kapazitäten der Selbstverwaltung reichten dafür nicht aus. „Hier sind schwer kranke Menschen. Unter den hiesigen Bedingungen können sie nicht medizinisch behandelt werden. Es gibt eine Liste mit fast 200 Kranken, die unbedingt eine Krankenhausbehandlung benötigen. Wir haben viele Anfragen gestellt, aber noch keine Antwort erhalten. Daher fordern wir, dass Gesundheitsorganisationen so schnell wie möglich hier vor Ort eigene Beobachtungen machen. Dafür müssen die Straßen geöffnet werden. Die Menschen müssen sonst auf den Tod warten.“

Drohende Epidemien

Aufgrund schlechter hygienischer Bedingungen in den Zeltstädten und den anderen Aufenthaltsorten der Flüchtlinge seien bereits verschiedene Krankheiten ausgebrochen, so Mistefa „Viele leiden unter Hautkrankheiten. Im Sommer wird es noch schlimmer werden. Es besteht die Gefahr, dass sich Epidemien ausbreiten. Wir brauchen Medikamente, wir brauchen Milch für die Kinder. Es fehlt eigentlich an allem.“