Gedenkveranstaltung in München erinnert an Sırrı Süreyya Önder
In München ist dem kürzlich verstorbenen Künstler, Politiker und Friedensverfechter Sırrı Süreyya Önder gedacht worden. Im Mittelpunkt stand eine Vorführung seines Films „Beynelmilel“.
In München ist dem kürzlich verstorbenen Künstler, Politiker und Friedensverfechter Sırrı Süreyya Önder gedacht worden. Im Mittelpunkt stand eine Vorführung seines Films „Beynelmilel“.
Rund 60 Menschen haben am Sonntag in München an den Politiker, Künstler und Friedensaktivisten Sırrı Süreyya Önder erinnert. Die Veranstaltung wurde vom Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentrum (DKTM) in Zusammenarbeit mit dem Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger organisiert. Anlass war der Tod Önders an den Folgen eines schweren Herzinfarkts Anfang Mai.
Im Mittelpunkt des Gedenkens stand eine Filmvorführung seines vielfach ausgezeichneten Films Beynelmilel – Die Internationale (2006), den Önder im Jahr 2008 persönlich bei den Türkischen Filmfesttagen in München präsentiert hatte.
Ein Leben für Frieden, Kultur und Gerechtigkeit
In seiner Ansprache würdigte Kerem Schamberger Önder als eine der prägendsten Persönlichkeiten der jüngeren kurdisch-türkischen Geschichte. „Er war Sozialist, saß im Gefängnis, wurde gefoltert und hat dennoch nie aufgehört, für Frieden und gesellschaftlichen Wandel einzutreten“, sagte Schamberger. Önders Gesundheit sei auch eine Folge staatlicher Repression gewesen – und sein Tod somit politisch nicht losgelöst zu betrachten.
Önders Vermächtnis, so Schamberger, sei „der Frieden“ – nicht als abstraktes Ziel, sondern als konkrete gesellschaftliche Aufgabe. Gerade angesichts der aktuellen Gewalt im Nahen Osten, „sei es in der Türkei, in Kurdistan, in Armenien oder gerade in Palästina, wo derzeit jeden Tag hunderte Menschen abgeschlachtet werden“, rief er dazu auf, Friedensprozesse nicht nur zu kommentieren, sondern aktiv mitzugestalten. „Frieden muss von unten kommen“, betonte er.
„Er war das Gewissen eines Landes“
Ein Vertreter des Kurdischen Gesellschaftszentrums erinnerte in einer sehr persönlich gehaltenen Rede an Önders Rolle als Intellektueller, Politiker und Vermittler zwischen Kulturen, Generationen und politischen Lagern. „Er war das Gewissen eines Landes, das zu oft vergaß, was Gerechtigkeit bedeutet“, hieß es. Önder habe mit seiner Biografie – geprägt durch politische Verfolgung, künstlerisches Schaffen und parlamentarisches Engagement – Brücken gebaut, wo andere Mauern errichteten.
Besondere Anerkennung fand auch Önders Fähigkeit, in schwierigen politischen Zeiten Menschlichkeit und Humor zu bewahren. „Mit einem einzigen Satz konnte er eine Eskalation verhindern oder ein ganzes Parlament zum Lachen bringen.“
Die Veranstalter:innen würdigten ihn als „Symbol des Friedens, dessen Stimme weit über den Tod hinaus Wirkung entfalten wird“. Die Zusammenkunft endete mit einem gemeinsamen Versprechen, das Erbe Sırrı Süreyya Önders wachzuhalten. „Er war unbequem, weil er ehrlich war – und gefährlich für die Mächtigen, weil er glaubwürdig war.“ Das Gedenken solle nicht das Ende, sondern der Anfang eines erneuerten politischen Engagements sein.
Symbolfigur des Friedensprozesses
Sırrı Süreyya Önder war eine der schillerndsten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in der Türkei. Geboren 1962 als Sohn einer turkmenischen Familie in Semsûr (tr. Adıyaman), wurde er zunächst durch seine filmischen und literarischen Arbeiten bekannt. Mehrfach saß er im Gefängnis und wurde gefoltert – nach dem Militärputsch 1980 verbrachte er sieben Jahre in Haft der Junta. Mit dem politischen Aufstieg der DEM-Vorgängerin HDP und deren Schwesterpartei BDP in die parlamentarische Ebene engagierte er sich zunehmend für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage, soziale Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit. Als Abgeordneter war er maßgeblich am Dialog mit dem PKK-Begründer Abdullah Öcalan beteiligt und galt als einer der profiliertesten Stimmen für Dialog und Frieden im türkischen Parlament.