Fünf Jahre nach der Befreiung: Fackelmarsch in Minbic

In der nordsyrischen Stadt Minbic hat der Jugendrat der Zukunftspartei Syriens die Befreiung von der IS-Herrschaft vor fünf Jahren mit einem Fackelmarsch gefeiert. Minbic ist ein ethnisches und sprachliches Mosaik und wird heute selbstverwaltet.

Vor fünf Jahren ist die nordsyrische Stadt Minbic (Manbidsch) von der Herrschaft der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) befreit worden. Der Jugendrat der Zukunftspartei Syriens veranstaltete zur Feier des Tages am Samstagabend einen Fackelmarsch durch die Stadt. Vor dem Stadion hielt Adnan Khalifa eine Ansprache im Namen des Jugendrats, in dem er alle Völker zur Befreiung beglückwünschte und an die Gefallenen erinnerte, die ihr Leben dafür geopfert haben. Die Jugend werde sich des von den Gefallenen hinterlassenen Erbes annehmen, erklärte Khalifa und rief zum Kampf für eine Demokratisierung Syriens auf.

Hintergrund: Die Befreiung von Minbic

Minbic ist am 15. August 2016 vollständig von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) befreit worden. Damit wurde die mehr als zweieinhalbjährige Herrschaft des IS beendet. Für den IS bedeutete der Verlust eine schwere Niederlage, galt Minbic doch als die „geheime Hauptstadt“, die auf der strategisch wichtigen Versorgungsroute von der türkischen Grenze nach Raqqa lag, und in der Selbstmordattentäter ausgebildet und unter anderem nach Europa geschickt wurden.

Kurz bevor die QSD am 1. Juni 2016 die Befreiungsoffensive am Tischrin-Staudamm starteten, war der Militärrat von Minbic durch die von den Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) angeführten QSD ins Leben gerufen worden. Einer seiner Mitbegründer war Abu Leyla (Faisal Abdi Bilal Saadoun), der am dritten Tag der Operation bei einem Artillerieangriff von einem Schrapnell am Kopf getroffen wurde. Als Abu Leyla am 5. August verstarb, wurde die Offensive auf Minbic nach ihm benannt.

75-tägiger Befreiungskampf

Insgesamt 75 Tage dauerte der Kampf um Minbic. Er war ein voller Erfolg, an dem vor allem YPJ-Kämpferinnen maßgeblich beteiligt waren. Unvergessen sind die Bilder von Frauen, die nach der Befreiung ihre Schleier verbrannten und sich Zigaretten anzündeten, von Männern, die sich öffentlich ihre Bärte abrasieren ließen, und die erleichterten und freudestrahlenden Gesichter von Kindern. Der Kampf für ein freies Minbic war aber auch sehr verlustreich. Große Teile der Stadt wurden zerstört, etwa 300 Kämpferinnen und Kämpfer kamen ums Leben, darunter auch einige Internationalist:innen.

Ethnisches und sprachliches Mosaik

Nach der Befreiung von Minbic standen die QSD vor der Herausforderung, die Bevölkerung innerhalb des politischen Projekts der Selbstverwaltung zu organisieren. Minbic ist ein ethnisches und sprachliches Mosaik, dessen Bevölkerung aus etwa 70 Prozent Araber:innen, 20 Prozent Kurd:innen, fünf Prozent Turkmen:innen und einer kleinen Anzahl von Tscherkess:innen und Armenier:innen besteht. Die Bevölkerungsgruppen wurden jahrzehntelang durch die vom syrischen Regime geförderte stammesorientierte konservative Politik geteilt. Während der Jahre unter der Kontrolle des IS verschärfte sich diese Politik der Spaltung.

Gesellschaftsmodell mit basisdemokratischem Anspruch

Im Herbst 2016 übergab der Militärrat die Verwaltung der Region dem provisorischen Zivilrat von Minbic. Im darauffolgenden März erfolgte die Umbenennung des Zivilrats in die „Legislative der Demokratischen Administration von Minbic“, um sich breiter aufzustellen und die demokratische Legitimation zu erhöhen. Direkt zu Beginn wurde in allen Ämtern eine genderparitätischen Doppelspitze aus einer Frau und einem Mann eingeführt, sodass der Anteil der Frauen in der Verwaltung 50 Prozent beträgt. Die Leitung der Selbstverwaltung besteht aus 132 Personen. Alle gesellschaftlichen Gruppen sind entsprechend ihrer Bevölkerungsanteile darin vertreten. Die Bedeutung von Minbic erklärt sich somit nicht nur durch seine geostrategische Lage im gesamtsyrischen Kontext, sondern auch durch das dort seit August 2016 aufgebaute politische System, das einen sehr hohen demokratischen Anspruch hat und als Modell für ein neues demokratisches Syrien gilt. Durch dieses Gesellschaftsmodell konnte sich ein vertrauensvolles und sicheres Umfeld etablieren, in dem Frauen ihre Rechte erkämpften und nun in allen Bereichen der Verwaltung und des Lebens eine Rolle einnehmen.