Friedensmütter: Wir werden nicht weichen

Seit 63 Tagen protestieren die Friedensmütter am Grenzübergang Sêmalka in Rojava und fordern von der südkurdischen PDK die Aushändigung der Leichen im Hinterhalt gefallener Guerillakämpfer:innen.

Der Rat der Familien der Gefallenen für die Region Cizîrê in Rojava hat am 5. Oktober 2021 eine Mahnwache am Grenzübergang Sêmalka nach Südkurdistan gestartet. Anlass der Mahnwache ist die Nichtaushändigung der Leichen von zwei in einem Hinterhalt von Milizen der südkurdischen Regierungspartei PDK getöteten Guerillakämpfer:innen. Die Friedensmütter hatten seitdem dreimal versucht, die Grenze nach Südkurdistan zu überqueren, um die Leichen der aus Rojava stammenden Kämpfer:innen direkt einzufordern. An der Grenze wurden sie von bewaffneten PDK-Einheiten zurückgedrängt.

Die Kurdin Xerma Elî, die Araberin Omeyra Hasan al-Habib und die ezidische Kurdin Caziye Hewran sind drei der Aktivist:innen, die an dem bisher 63-tägigen Protest teilnehmen. Sie berichten im ANF-Gespräch über den Hintergrund ihres Protests und ihre Forderungen.

In den permanenten Aufstand treten“


Xerma Elî spricht über die historische Kollaboration der PDK mit dem türkischen Faschismus und sagt: „Bei Angriffen der PDK sind in der Geschichte Tausende Guerillakämpfer:innen gefallen. Die Geschichte der PDK ist eine Geschichte des Verrats. Viele Leichen unserer Gefallenen sind weiterhin verschwunden. Unter ihnen befinden sich viele Menschen aus Rojava. Die Familien fordern ständig die Leichen der Gefallenen zurück. Drei Mal wollten wir die Grenze überqueren und den Verantwortlichen der PDK unseren Brief überreichen. Aber die Peschmerga begegneten uns respektlos und behaupteten, die Leichen befänden sich nicht in Südkurdistan, sondern in Rojhilat.“ Elî sagt, die PDK gebe die Leichen nicht heraus, weil sie selbst die Mörder seien und fährt fort: „Das kurdische Volk muss sich erheben, bis wir die Leichen der Gefallenen bekommen. Die Familien müssen bis sie die Leichen bekommen auf die Straße gehen. Wir müssen uns als kurdische Einheit gegen Verrat und Besatzung zusammenschließen. Denn der türkische Staat will das kurdische Volk mit seinen Angriffen vernichten. Doch er wurde in den freien Bergen Kurdistans besiegt. Lasst uns permanent in den Aufstand treten und unseren Kampf ausweiten.“

Die Leichen nicht auszuhändigen, ist Verrat“

Omeyra Hasan al-Habib erklärt, sie nehme als Araberin an der Aktion teil, denn die Leichen nicht auszuhändigen sei Verrat. Die Ezidin Caziye Hewran erklärt in Richtung der PDK: „Wissen sie nicht, wie die Herzen der Mütter bluten? Fürchten sie nicht Gott? Seit zwei Monaten sind hier Mütter, Junge und Alte bei der Zeltaktion. Wir wissen, dass sie die Leichen haben. Wir werden nicht ruhen, bis sie uns die Leichen übergeben.“ Hewran erinnert an ihren Bruder, der in den 90er Jahren zusammen mit 24 Freund:innen von der PDK getötet wurde. Obwohl seither Jahrzehnte vergangen sind, hat sie immer noch keine Informationen über den Ort erhalten, an dem sich die Leichen befinden. Hewran forderte die PDK auf, endlich aufzuhören, den Feind dabei zu unterstützen, das kurdische Volk zu spalten.


Zum Verhältnis der Ezid:innen zur PDK sagt Hewran: „Der Verrat der PDK an den Ezid:innen ist historisch. 12.000 Peschmerga haben Şengal dem IS übergeben. Frauen und Mädchen aus Şengal wurden auf den Märkten verkauft. Die Mehrheit von ihnen ist immer noch verschollen. Dieser Verrat fand vor den Augen des ezidischen Volks und der ganzen Welt statt. Niemand wird diesen Verrat der PDK jemals vergessen. Aber die Ideen und die Philosophie von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] haben sich im ezidischen Volk verbreitet und sind zu einer Quelle der Hoffnung geworden. Das ezidische Volk wird den Verrat niemals akzeptieren.“

Ergreift nicht die Hand des Feindes“

Hewran schließt mit den Worten: „Ehrenhaftes kurdisches Volk, ergreife nicht die Hand des Feindes. Wir können mit den Ideen von Rêber Apo alle Komponenten der Bevölkerung und alle vier Teile Kurdistans schützen. Was auch immer kommen mag, wir werden unsere Gefallenen und unser Land niemals dem Feind überlassen. Ich sage es den Verantwortlichen der PDK nochmals deutlich: Das kurdische Volk ist nicht mehr das Alte.“