Halbjahresbericht: Zwölf Morde und 173 Entführungen in Efrîn
Im türkisch besetzten Efrîn wurden in der ersten Jahreshälfte 2023 zwölf Morde und 173 Entführungen verzeichnet.
Im türkisch besetzten Efrîn wurden in der ersten Jahreshälfte 2023 zwölf Morde und 173 Entführungen verzeichnet.
Seit der Besetzung im März 2018 durch den türkischen Staat herrscht im zerschlagenen Kanton Efrîn in Nordsyrien ein Regime des Terrors. Islamistische Söldnergruppen und türkische Geheimdienste wurden von Ankara eingesetzt, um die Bevölkerung systematisch umzustrukturieren. Der kurdische Bevölkerungsanteil ist laut verschiedenen Quellen von über neunzig Prozent vor der Besetzung auf 15 bis 22 Prozent gesunken. Die Menschenrechtsorganisation von Efrîn (Rêxistina Mafên Mirovan li Efrîn-Sûriye) bemüht sich, die Übergriffe der Besatzungstruppen zu dokumentieren, und hat nun ihren Bericht für das erste Halbjahr 2023 veröffentlicht.
Gemäß dem Report wurden in den letzten sechs Monaten zwölf Menschen in Efrîn durch Artilleriefeuer, Drohnenangriffe oder Schüsse der Besatzungstruppen getötet. Ein besonders grausames Verbrechen ereignete sich am 20. März in Cindirês, als vier Mitglieder einer Familie getötet wurden. Die Opfer im Alter zwischen 18 und 43 Jahren wurden von der türkeitreuen Söldnertruppe Ahrar al-Sharqiya erschossen, als sie ein Feuer vor ihrem Haus entzündeten, um das kurdische Neujahrsfest Newroz zu feiern.
Im gleichen Zeitraum kam es zu 173 Entführungen, bei denen Lösegeld gefordert wurde. Diese widerliche Praxis ist zu einem Finanzierungsmodell für die Söldnergruppen in Efrîn geworden. Die Entführten werden in Foltergefängnissen gefangen gehalten, von denen viele vom türkischen Geheimdienst MIT geleitet werden. Dieser setzt alle erdenklichen Mittel ein, um Informationen aus den Gefangenen zu erpressen. Es gibt immer wieder Berichte über Menschen, die unter Folter sterben.
Zusätzlich zu den Menschenrechtsverletzungen wurde auch die Natur und Landwirtschaft in Efrîn angegriffen. Söldnergruppen und „Hilfsorganisationen“ mit Verbindungen zum türkischen Staat zerstörten große Waldflächen und landwirtschaftliche Nutzgebiete, um Platz für die Ansiedlung protürkischer Siedler zu schaffen. Laut dem Bericht wurden 15.500 Bäume, darunter Oliven-, Walnuss- und Mandelbäume, sowie zahlreiche Waldgebiete abgeholzt. Darüber hinaus wurden mehr als 70 Hektar Weizen- und Gerstenfelder niedergebrannt. Verschiedene Organisationen aus Palästina, Katar und der Türkei sind an diesen Siedlungsprogrammen beteiligt.
Titelbild: Blick auf das Dorf Eqîbê (auch Aqibe) im nicht vollständig von der Türkei besetzten Kreis Şêrawa bei Efrîn