Efrîn: Systematische Übergriffe der Besatzungstruppen dauern an

Seit der Besatzung des Kantons Efrîn durch den türkischen Staat und seine Milizen finden systematische Übergriffe auf die Bevölkerung statt. Die Plünderungen, Folterungen und Entführungen dauern an.

Die Entführungen und Übergriffe durch die Besatzungstruppen reißen nicht ab. Die Nachrichtenagentur ANHA berichtet über verschiedene aktuelle Fälle. So wurde Haydar Mihemed von der Dschihadistenmiliz Ahrar al-Sharqiya verschleppt und für eine hohe Lösegeldsumme freigelassen. Ein weiterer Entführungsfall fand im Dorf Meşale in Efrîn-Şêra statt. Hier wurden Nebiha Mistefa und ihre Schwiegertochter entführt und sind seither verschwunden. Aus dem Dorf Hibo in Efrîn-Mabeta wurden Hisen Şewket und Abdulrahman Bermeceh entführt. Ibrahim Xelil wurde am 3. Mai von seinem Olivenhain in Geliyê Dirêmiye verschleppt und ist ebenfalls verschwunden.

Auch die Plünderungen gehen weiter. So stürmten am 8. Mai Milizen die Häuser von Nûri Mistefa und Mihemed Hemduş, stahlen Vieh und den Generator. Ähnliche Plünderungen fanden auch in anderen Dörfern statt, unter anderem in Tell Tewil.

Schutzgelderpressungen in Raco

Auch Schutzgelderpressung gehört zur Praxis der Milizen. Die Miliz Furqat al-Hamza erpresst Schutzgeld von den Dorfbewohner*innen, wenn sie auf ihren Feldern arbeiten gehen. Die Suleyman-Shah-Miliz zieht zehn Prozent der landwirtschaftlichen Erträge ein.

Wer sind diese Milizen?

Die Milizen Furqat al-Hamza, Suleyman Shah und Ahrar al-Sharqiya gehören allesamt zur türkischen Besatzung von Efrîn und erfüllen sowohl polizeiliche als auch militärische Aufgaben. Die Dschihadistenmiliz rekrutiert sich aus ehemaligen Mitgliedern der al-Qaida-Fraktionen al-Nusra und Ahrar al-Sham. Furqat al-Hamza und Ahrar al-Sharqiya traten zunächst in Nordostsyrien, insbesondere um Deir ez-Zor und Hesekê auf. Nachdem sie aus der Region vertrieben wurden, zogen sie sich 2016 nach Idlib zurück und marschierten dann als türkische Truppen im Rahmen der Operation „Schutzschild Euphrat“ aus der Türkei heraus in Dscharablus ein und ersetzten dort die im Rahmen eines Abkommens mit dem türkischen Staat kampflos abgezogenen IS-Dschihadisten. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Besetzung Efrîns und sind in viele schwere Menschenrechtsverletzungen wie extralegale Hinrichtungen von Zivilist*innen verstrickt. Die Suleyman-Shah-Miliz gehört zum turkmenischen Milizbündnis Sultan Murad, das sich aus Rechtsextremen und Islamisten aus der Türkei und den Turkstaaten rekrutiert. Sie steht für eine Kombination aus türkischem Nationalismus und Islamismus und ist für ethnische Säuberungen und extralegalen Hinrichtungen bekannt. Die UN werfen der Sultan-Murad-Brigade unter anderem Kriegsverbrechen beim Vorgehen gegen Kurden in Aleppo vor.