Drei Istanbuler Bürgermeister in Gewahrsam genommen

Drei Istanbuler CHP-Bürgermeister sind heute von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Ihnen werden Verbindungen zu „terroristischen Organisationen“ vorgeworfen. Die DEM-Partei verurteilt das Vorgehen als Angriff auf den demokratischen Willen.

DEM fordert sofortige Freilassung

Der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoğlu, sowie die zwei Istanbuler Berzirksbürgermeister, Resul Emrah Şahan (Bezirk Şişli) und Mehmet Murat Çalık (Bezirk Beylikdüzü), sind heute Morgen von der türkischen Polizei in Gewahrsam genommen worden.

Wie die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft mitteilte, wurden die Festnahmeanordnungen bezüglich der Ermittlungen wegen des Kooperationsabkommens zwischen der republikanischen Oppositionspartei CHP und der prokurdischen DEM-Partei bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr, erlassen. Im Rahmen dieses Bündnisses verzichtete die DEM in bestimmten Bezirken auf die Aufstellung von Kandidat:innen oder kandidierte auf CHP-Listen, wodurch sie sich Sitze im Gemeinderat sichern konnte. Die Staatsanwaltschaft behauptet nun, mit diesen Übereinkünften hätten die Bürgermeister die KCK unterstützt.

Protest präventiv verboten

Der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoğlu, wurde einen Tag, nachdem ihm sein Universitätsdiplom für ungültig erklärt worden war, in Gewahrsam genommen, was als politisch motiviert angesehen wird. Nach seiner Festnahme hat das Gouverneursamt von Istanbul beschlossen, dass „alle Arten von Versammlungen, Demonstrationen und Pressemitteilungen für vier Tage zwischen dem 19. und 23. März verboten werden, um die öffentliche Ordnung in der gesamten Stadt aufrechtzuerhalten und mögliche provokative Aktionen zu verhindern“.

„Ein Schlag gegen den Willen der Nation“

Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu gilt als ein wichtiger Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. In ihrer ersten Erklärung zu der Festnahme gab die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft an, Ekrem Imamoğlu sei wegen „mutmaßlicher Korruption“ in Gewahrsam genommen worden. In einer zweiten Erklärung hieß es jedoch bereits, dass der Grund mit dem Wahlpakt und angeblichen Verbindungen zu „terroristischen Organisationen“ zusammenhänge.

Imamoğlu selbst hat am Mittwochmorgen kurz vor seiner Ingewahrsamnahme ein Video veröffentlicht. Die Bildunterschrift lautet „Ein Schlag gegen den Willen der Nation“. Die Nachricht selbst lautete: „Eine Handvoll Verrückter, die versuchen, den Willen unseres Volkes an sich zu reißen, haben meine geliebten Polizisten als Instrumente dieses Übels benutzt und Hunderte von Beamten an den Haustüren von 16 Millionen Bürgern versammelt. Wir sind mit einer großen Tyrannei konfrontiert, aber ich möchte, dass Sie wissen, dass ich nicht aufgeben werde. Ich liebe Sie alle sehr. Ich vertraue mich meinem Volk an. Ich werde weiterhin gegen diese Personen und ihren Geist kämpfen, die diesen ganzen Prozess als Apparat benutzen.“

Weitere Haft- und Durchsuchungsbefehle

In der Erklärung der Staatsanwaltschaft wurde des Weiteren behauptet, dass mehrere Namen der Istanbuler Stadtverwaltung und Bezirksgemeinden mit der „illegalen Organisation in Verbindung“ stünden, und weitere Festnahme- und Durchsuchungsbefehle ausgestellt worden seien.

Sie hatte bereits im vergangenen Monat eine Untersuchung der Zusammenarbeit zwischen den Parteien eingeleitet und behauptet, dass diese von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) orchestriert worden sei. Diese Ermittlungen hatten bereits zu Festnahmen von Gemeindebeamten und Ratsmitgliedern aus verschiedenen Istanbuler Stadtbezirken geführt.

„Wir sind nicht allein“

Der Bürgermeister von Şişli, Resul Emrah Şahan, erklärte in einem Beitrag auf seinem Social-Media-Konto: „Heute Morgen wurde mein Haus durchsucht und ich wurde in Gewahrsam genommen. Mein Anwalt durfte während der Durchsuchung nicht einmal dabei sein. Mögen alle beruhigt sein.“

Auch der Bürgermeister von Beylikdüzü, Mehmet Murat Çalık, äußerte sich bereits und sagte, dass er infolge einer Razzia in seinem Haus festgenommen wurde. Er fügte hinzu: „Unser Bürgermeister Ekrem Imamoğlu und alle von uns, die in Gewahrsam genommen wurden, wissen, dass wir nicht allein sind.“

DEM-Partei verurteilt Verhaftungen

Der Vorstand der DEM-Partei verurteilte in einer Erklärung die Ingewahrsamnahme der Bürgermeister von Istanbul, Şişli und Beylikdüzü. In Richtung der Regierung hieß es: „Geben Sie diese Praktiken sofort auf. Hören Sie auf, die Justiz zu instrumentalisieren. Lassen Sie die Festgenommenen sofort frei.“

Die Erklärung fügte hinzu: „Die ungesetzlichen, willkürlichen und antidemokratischen Praktiken, die seit Jahren gegen unsere Partei und Politik durchgeführt werden, haben leider die gesamte Türkei in dieser Phase gefangen genommen. Diese Treuhand- und Putschmentalität ist die größte Verschwörung gegen die Zukunft der Türkei und der Gesellschaft.

Die bei den Festnahmen vorgebrachten Rechtfertigungen sind Ausreden, die diesen Putsch und die Rechtswidrigkeit nicht vertuschen können. Die Angriffe auf unser Bündnis, die demokratische Politik und den politischen Konsens sind die Verdauungsstörung und die Rache für die Niederlage bei den Kommunalwahlen. Sowohl die gestrigen Treuhandpraktiken als auch die heutige Operation sind Angriffe auf den Willen des Volkes. Es ist auch ein Versuch, den politischen Gegner auszuschalten und die eigene Macht in der Zukunft zu erhalten“.

DEM-Partei sieht Sabotage an möglichem Friedensprozess

Die DEM hob hervor, dass „was heute geschieht, auch ein Angriff ist, der darauf abzielt, die Hoffnungen der Menschen in der Türkei auf Frieden und Demokratie zu zerstören. Es ist ein Versuch, die Initiative zum Wandel zu sabotieren, die in der Türkei beginnt und sich auf den Nahen Osten ausbreitet. Wir werden dies niemals akzeptieren. Diese Praktiken werden weder der Türkei noch denen, die sie gutheißen, nützen“.

Sie erklärte weiter: „Wir werden unseren Kampf zur Erweiterung der demokratischen politischen Arena unter allen Umständen fortsetzen. Wir werden uns gegen Gesetzlosigkeit, Putsche und Willkür stellen, ganz gleich, von wem sie ausgehen.“

Abschließend forderte die DEM-Partei die Regierung noch einmal nachdrücklich dazu auf, ihr momentanes Vorgehen, in dem sie eine Instrumentalisierung der Justiz sieht, umgehend einzustellen und die Festgenommenen sofort freizulassen.