Friedenskonvoi bombardiert
Der Beschuss eines zivilen Konvois nahe der Tişrîn-Talsperre am Euphrat durch die türkische Armee hat am Mittwoch mehr Opfer gefordert als zunächst angenommen. Die Verwaltung des Kantons Firat gab die Zahl der Toten am Abend mit drei an, außerdem seien insgesamt 19 Menschen verletzt worden. Die Behörde rechnet nach eigenen Angaben mit weiteren Todesopfern, da der Zustand einiger Verwundeter äußerst kritisch sei. Bei allen Opfern soll es sich um Zivilpersonen handeln. Unter ihnen ist wohl auch der Fahrer einer Ambulanz des Kurdischen Roten Halbmonds (Heyva Sor a Kurd).
Die türkische Armee hatte heute mit Kampfdrohnen zunächst eine Autokolonne bombardiert, die aus Kobanê und anderen Gebieten im Firat-Kanton kommend auf dem Weg zum südöstlich von Minbic gelegenen Tişrîn-Damm war. Die Menschen wollten sich an der Mahnwache beteiligen, die auf dem Gelände der Dammanlage aus Protest gegen die Eskalation der kriegerischen Aggression der Türkei und ihrer Proxymiliz SNA gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien stattfindet.
Nach dem Beschuss des Konvois erfolgten auch Bombardierungen auf das Einzugsgebiet der Talsperre, die zu weiteren Opfern führten. Der Beschuss setzte ein, nachdem die Wagenkolonne die Dammanlage erreicht hatte. Etwa zeitgleich flogen Kampfjets der türkischen Luftwaffe Angriffe auf die Umgebung des Geländes. Die Informationslage war zunächst aber verwirrend, da infolge der Angriffe eine Panik unter der Menschenmenge ausbrach.
Kanton fordert Handeln gegen Ankara
Die Verwaltung des Firat-Kantons verurteilte die Angriffe als „schwerwiegenden Bruch“ des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. „Wenn die Zivilbevölkerung und lebenswichtige Infrastruktur gezielt bombardiert werden, handelt es sich eindeutig um Kriegsverbrechen, die als solche benannt und verfolgt werden müssen“, hieß es in einer am Abend herausgegebenen Stellungnahme. „Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und dringende Maßnahmen zu ergreifen, um diese ungerechtfertigte Gewalt der Türkei und ihrer Verbündeten auf unsere Bevölkerung und Regionen zu stoppen.“ Es dürfe nicht sein, dass die „Massaker“ eines Staates wie der Türkei, die Partner des Westens und der NATO ist, ignoriert werden.
Mahnwache am Staudamm
Die Mahnwache am Tişrîn-Damm war vor einer Woche von den Volksräten ins Leben gerufen worden – auch aus Solidarität mit den Demokratischen Kräften Syriens (QSD), die den Damm gegen eine Einnahme durch die Türkei und die dschihadistische SNA verteidigen. Schon am Mittwoch hatte es einen tödlichen Drohnenschlag auf den ersten Friedenskonvoi gegeben, auch in den darauffolgenden Tagen verübten die türkische Armee und ihre Söldner Angriffe auf Autokonvois und die Talsperre. Dabei waren mehrere Menschen getötet und verletzt worden. Die türkisch-dschihadistische Besatzungsoffensive gegen die Talsperre startete schon am 8. Dezember 2025, dem Tag des Sturzes des syrischen Langzeitherrschers Baschar al-Assad. Ziel ist es, die QSD von der Westseite des Euphrat zu verdrängen, um das östlich davon gelegene Kobanê leichter angreifen zu können. Der Damm gilt mittlerweile als akut gefährdet, die Selbstverwaltung warnte kürzlich vor einem Kollaps.