Die Plünderer von Aleppo in Efrîn

Die FSA-Gruppen, die Aleppo geplündert und seine historische Struktur zerstört haben, machen das Gleiche jetzt in Efrîn.

Die FSA-Gruppen aus der im Syrien-Krieg zerstörten Stadt Aleppo sind jetzt in Efrîn tätig. Aleppos Geschichte geht ins dritte Jahrtausend v.d.Z. zurück. Es ist eine kulturhistorisch wertvolle antike Stadt, die das gemeinsame Zuhause von Menschen arabischer, turkmenischer, kurdischer, assyrischer, aramäischer, armenischer, jüdischer und tscherkessischer Abstammung ist. Vor dem Krieg betrug die Bevölkerungsanzahl ungefähr fünf Millionen. Von den von der Türkei unterstützten und protegierten FSA-Gruppen wurde die Stadt, die als Handels- und Industriezentrum im Mittleren Osten galt, vollkommen ausgeplündert. Diese Gruppen werden jetzt nach Efrîn transferiert.

Der Kampf um Aleppo

Die 2011 in Dera ausgebrochenen Proteste griffen zu einem späteren Zeitpunkt auf Aleppo über. 2012 begannen heftige Kämpfe in der historischen Stadt. Salafistische Gruppen setzten sich in der Stadt fest und breiteten sich schnell aus. Vertreten waren vor allem die Sultan-Murat-Brigaden, Fatih-Sultan-Mehmet-Brigaden, al-Nusra, Ehrar al-Sham, Islamische Front, Bedir-Brigaden, Nureddin-Zengi-Brigaden und weitere. 40 von 60 Stadtteilen gerieten unter die Kontrolle bewaffneter Gruppen. Im Osten der Stadt ließen sich die salafistischen Gruppen nieder, im Westen war das syrische Regime.

Şêxmaqsud

Im Norden Aleppos liegt der strategisch wichtige Stadtteil Şêxmaqsud. Als die Kämpfe in Aleppo ausbrachen, bewaffneten sich die Kurden und ihre Freunde und traten zur Selbstverteidigung sowohl gegen das Regime als auch gegen die bewaffneten Gruppen an. Sechs Jahre lang wurde trotz Embargo und Belagerung ein unerbittlicher Widerstand geleistet. Von Şêxmaqsud aus ist ganz Aleppo aus der Vogelperspektive zu sehen. Aufgrund der strategischen Bedeutung wurde das Viertel von salafistischen Gruppen hart angegriffen. Den Menschen in der Region ist bewusst, dass mit dem Fall von Şêxmaqsud ganz Aleppo gefallen wäre.

Tod und Flucht

Die Auseinandersetzungen in Aleppo nahmen Jahr für Jahr zu und kosteten Zehntausenden Menschen das Leben. Hunderttausende flüchteten in andere Städte Syriens oder ins Grenzgebiet in der Türkei. Die meisten der Menschen, die nach Dilok (Antep), Riha (Urfa), Kilis, Hatay und Mêrdîn (Mardin) gegangen sind, konnten nicht zurückkehren. Es gibt so gut wie kein Haus, keine Straße und kein Viertel, die nicht von den Kämpfen betroffen sind. Die früher lebendigsten Bereiche der Stadt stehen immer noch leer.

Die Industrie liegt darnieder

Aleppo war das wichtigste Industriegebiet Syriens und das zweitwichtigste im Mittleren Osten. Die Industrieanlagen befanden sich in Şiqeîf im Norden, in Şêx Neccar im Osten, in Ramûsê im Süden und in Lêremûn im Westen. Die salafistischen Gruppen, die den Osten Aleppos und die ländlichen Gebiete davor eingenommen hatten, hatten eine Zeitlang auch die Industriegebiete in der Hand. In diesen Gebieten sind Tausende Fabriken vertreten. Stoff, Leder, Eisen, Plastik, Lebensmittel, Textilien, Glas, Bau, Logistik, Elektrik, Farbe, Möbel und Druckmaschinen sind nur einige der Industriezweige. Die salafistischen Gruppen beschlagnahmten restlos alles. In den Medien wurde darüber berichtet, dass Waren und das Inventar der geplünderten Fabriken zunächst nach Azaz und von dort aus nach Dilok gebracht wurden. Auch Zehntausende Arbeitskräfte wurden nach Dilok, Istanbul oder in Industriegebiete im Landesinnern der Türkei transferiert.

Die Stadt wurde zur Ruine

Die salafistischen Gruppen beließen es jedoch nicht dabei und machten Aleppo dem Erdboden gleich. Alles Historische, was sich im alten Teil von Aleppo im Osten und Süden der Stadt befand, wurde beschlagnahmt und geplündert. Die geschichtlich gewachsene Struktur wurde schwer getroffen. Die Festung von Aleppo, die Häuser, Hamams, Märkte und Moscheen wurden angezündet und zerstört. Nach wie vor sind viele Orte innerhalb der Altstadt nicht von Minen geräumt.

Salafistische Gruppen wurden 2016 abgezogen

Im Jahr 2016 lag Aleppo zu siebzig Prozent in Trümmern. 2017 griff Russland in die heftigen Kämpfe ein. Nach einem Abkommen mit der Türkei wurden alle salafistischen Gruppen abgezogen. Das Abkommen beinhaltete die schlichte Formel „Bab für Aleppo“. Die salafistischen Gruppen verließen die Stadt und die Türkei übernahm Bab. Die Gruppen wurden in Gebieten wie Idlib, Bab und Cerablus untergebracht.

Jetzt passiert dasselbe in Efrîn

Die salafistischen Gruppen, die Aleppo niedergebrannt und zerstört haben, plündern jetzt unter dem Schutz der Türkei in Efrîn. Kriegsverbrechen wie Mord an der Zivilbevölkerung, Vergewaltigung, Verschleppung, Plünderung und Brandschatzung werden in Efrîn in intensivierter Form fortgesetzt. Da die FSA-Gruppen wissen, dass ihnen Efrîn nicht überlassen wird, wollen sie ein zweites Aleppo anrichten.

MA | Nazım Daştan