Die erste Ernte des Jahres im Land des Widerstands

Der fruchtbare Boden von Efrîn, der als Nahrungsquelle für 400.000 Einwohner*innen und weiteren 300.000 Flüchtlingen dient, hat einhergehend mit dem Widerstand die erste Ernte des Jahres geliefert.

Während der türkische Besatzerstaat und seine Banden von al-Qaida die invasiven Angriffe gegen Efrîn seit bereits 45 Tagen fortsetzen, werden die Absichten der Türkei, die hinter dem Angriffskrieg stecken, weiterhin diskutiert. Das Hauptmotiv, das den türkischen Staat gegen den nordsyrischen Kanton Efrîn in einen Krieg ziehen lässt, ist seine Kurdenfeindlichkeit. Auch der Reichtum Efrîns stellt jedoch eine Versuchung dar.

Im Lauf der Geschichte galt Reichtum als grundlegender Faktor der Motivation für Kriege. Die türkische Seite verheimlicht diese Absichten nicht. Vor einigen Tagen äußerte sich der Oberbefehlshaber der 2. türkischen Armee, Metin Temel, der das Oberkommando der Militärinvasion in Efrîn führt, folgendermaßen: „In Efrîn leben reiche Syrer. Es gibt alle Arten von Vergnügen und Genuss.“ Damit wurde deutlich, was sich alles hinter den türkischen Besatzungsabsichten verbirgt.

Efrîn versorgt sich selbst

Efrîn ist mit seinen weit über 20 Millionen Olivenbäumen ein reiches Land. Mit seinen 365 Dörfern, zwei Bezirkskreisen und sieben Bezirken ist Efrîn an das Gouvernement von Aleppo angebunden. Am Rande der Amanos-Berge liegend, herrscht in Efrîn ein mediterranes Klima. Auch ist es möglich, Überreste von Siedlungen zu finden, die bis in die Zeit von 3300 v. Chr. reichen.

Efrîn, das von Landwirtschaft und Viehzucht lebt, hat trotz des Embargos seit Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien eine intakte Wirtschaft und kann sowohl sich selbst versorgen als auch mehrere Hunderttausend Binnenflüchtlinge beherbergen, die aus verschiedenen Regionen Syriens nach Efrîn geflohen sind. Nach Angaben des Sozialrates leben trotz Kriegsbedingungen weiterhin 282.000 Flüchtlinge im Kanton Efrîn.

20 Millionen Olivenbäume

Laut Zahlen, die vom Wirtschaftsrat Efrîns veröffentlicht wurden, stehen innerhalb der Grenzen von Efrîn über 20 Millionen Olivenbäume. Die wichtigste Einnahmequelle des Kantons ist der Olivenhandel. Aber auch der Anbau von Granatäpfeln und vielen anderen Arten von Obst haucht der Wirtschaft Leben ein. Der Gemüseanbau ist ebenfalls eine wichtige Nahrungsquelle in Efrîn. Der fruchtbare Terra Rossa-Boden wirft mehrere Erzeugnisse innerhalb eines Jahres ab.

Die erste Ernte des Jahres

Während auf der einen Seite der Widerstand von Efrîn nach dem Einfall der türkischen Armee weitergeht, ernten die Bewohner*innen des Kantons unter Kriegsflugzeugen und Bomben die ersten Früchte ihrer Felder.

Ernte auch Einnahmequelle der Flüchtlinge

Der vor drei Jahren aus Aleppo geflohene Araber Ammar Ebdê erzählt, dass er seinen Lebensunterhalt durch den Getreideanbau sicherstellt. Wegen der Angriffe der vom türkischen Staat unterstützten Dschihadisten habe er seine Heimat Aleppo verlassen und sei in das für ihn sichere Efrîn geflohen: „Wir sahen uns wegen den Terroristen gezwungen, aus Aleppo zu flüchten. Wir sind nach Efrîn gekommen, weil es für uns ein sicherer Hafen ist. Hier verdienen wir unseren Lebensunterhalt mit Landwirtschaft und bauen Gemüse wie Petersilie, Bohnen und Zuckerrüben an. Wir haben auch Weizenfelder, aber in dieser Zeit des Jahres wird hauptsächlich Grünzeug geerntet“, erzählt Ebdê.

‚Erdoğan bombardiert uns‘

Ebdê sagt, der türkische Staat und seine Banden würden ihn auch in Efrîn nicht in Ruhe lassen, und fährt fort: „Die Artillerie fliegt über unsere Köpfe hinweg, während wir unsere Arbeit verrichten. Da kann man nichts machen. Der türkische Staat macht keine Unterschiede und bombardiert uns alle. Ob es Kinder sind oder generell Zivilist*innen, ist nicht von Bedeutung. Weil sie auch Schulen bombardieren, können die Kinder keine Bildung erhalten“ sagt Ebdê.

Auch der arabische Binnenflüchtling Zekeriya Berzûm, der aus Aleppo nach Efrîn gekommen ist, ernährt seine Familie mit dem Ertrag seiner Felder in Efrîn: „Wir haben Aleppo verlassen und verdienen hier unseren Lebensunterhalt mit Landwirtschaft. Vor drei Jahren kamen wir hierher. Wie Sie sehen, leben wir hier vom Anbau von Knoblauch, Petersilie, Spinat und anderem Gemüse. Erdoğan jedoch bombardiert Frauen und Kinder“, so Berzûm.

‚Wir überlassen ihnen keinen Fußbreit unserer Länder‘

Îdris Reşo, ein kurdischer Einwohner Efrîns, betont, dass sie weder ihr Land dem türkischen Staat überlassen, noch ihre Heimat verlassen werden: „Das sind unsere Länder, für die wir weiterhin kämpfen werden. Unsere Kämpfer*innen und Genoss*innen leisten an den Fronten Widerstand. Wir werden dem türkischen Staat keinen Fußbreit unserer Länder überlassen. Noch nicht mal einen einzigen Fußbreit.“