Die DEM-Partei hat ihre heutige Fraktionssitzung nicht in Ankara, sondern vor dem Rathaus in Mêrdîn (tr. Mardin) abgehalten. Die Provinz Mêrdîn sowie Êlih (Batman) und Xelfetî (Halfeti) stehen seit Montag unter staatlicher Zwangsverwaltung, die gewählten Ko-Bürgermeister:innen wurden vom türkischen Innenministerium des Amtes enthoben.
Zur Unterstützung von Ahmet Türk, der zum dritten Mal in Folge als Oberbürgermeister von Mêrdîn durch einen Zwangsverwalter ersetzt wurde, nahmen neben DEM-Politiker:innen auch Vertreter:innen der Parteien DP, TÖP, SYKP, ESP und EMEP an der Versammlung vor dem Rathaus teil. Die Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei, Tülay Hatimoğlları und Tuncer Bakırhan, kündigten weiteren Widerstand an und forderten Respekt vor dem Wählerwillen ein.
Hatimoğlları: Zu einem ununterbrochen Kampf bereit
In der vergangenen Woche war bereits der CHP-Politiker Ahmet Özer als Bezirksbürgermeister von Istanbul-Esenyurt abgesetzt und wegen vermeintlicher Verbindungen zur PKK verhaftet worden. Özer ist Kurde, ebenso wie die abgesetzten DEM-Bürgermeister:innen Ahmet Türk, Gülistan Sönük aus Êlih und Mehmet Karayılan aus Xelfetî. Tülay Hatimoğlları sagte, mit der Zwangsverwaltung werde der Bevölkerung das aktive und passive Wahlrecht abgesprochen: „Kurdinnen und Kurden wird damit gesagt, dass sie nicht gewählt werden können.“
Die DEM-Vorsitzende bezeichnete das Regime der Zwangsverwaltung als verfassungswidrigen Putsch gegen das Wahlrecht und die demokratische Kommunalverwaltung und warnte: „Niemand sollte glauben, dass dieses Regime nur den Kurdinnen und Kurden oder der DEM-Partei schaden wird. Betroffen sind alle Bevölkerungsgruppen und die gesamte Opposition in der Türkei. Die AKP und MHP akzeptieren keine anderen Parteien. Gegen diesen ununterbrochenen Putsch sind wir zu einem ununterbrochenen Kampf bereit.“
Bakırhan: Was ist die kurdische Frage?
Tuncer Bakırhan sagte, es gebe zwei Strömungen in der Türkei. Die eine Strömung stehe für eine Republik der Zwangsverwalter, die andere für eine demokratische Republik. Die Regierung sei kurdenfeindlich und baue unter dem Schlagwort „Antiterrorkampf“ demokratische Grundrechte ab. Die Zwangsverwaltung torpediere die Bemühungen für Frieden und eine Lösung der kurdischen Frage, so der DEM-Vorsitzende:
„Es wird häufig gefragt, was die kurdische Frage sei. Es geht um die kurdische Frage, wenn Ahmet Türk morgens um fünf Uhr mit der Mitteilung geweckt wird, dass er nicht mehr Bürgermeister ist. Es bedeutet, dass Abdullah Öcalan auf Imrali und die DEM-Partei in der Politik isoliert werden. Die kurdische Frage heißt, dass alle Kampfmittel, Werte und Rechte eines Volkes kriminalisiert und für nichtig erklärt werden. Es heißt, dass die Kurdinnen und Kurden als Schuldige betrachtet werden. Sie sollen weder ihr Stimmrecht noch ihre eigene Sprache nutzen. Was sollen die Kurdinnen und Kurden tun? Auf diese Frage müssen Herr Bahçeli und Herr Erdoğan antworten. Ich stelle diese Frage an alle Parteien im Parlament: Was sollen die Kurden jetzt machen?“
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