Heute vor fünf Jahren marschierte die türkische Armee mit ihren dschihadistischen Söldnertruppen in Efrîn ein und besetzte den autonom verwalteten Kanton in Nordsyrien. Die am 20. Januar völkerrechtswidrig gestartete Invasion fand unter dem zynischen Namen „Operation Olivenzweig“ und dem Schutz deutscher Leopard-Panzer statt. Die Bevölkerung leistete 58 Tage Widerstand, bis die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG und YPJ) einen Beschluss zur Evakuierung fassten, um weitere Massaker zu verhindern. Nach jüngeren Schätzungen der Autonomieverwaltung kamen mindestens 1500 Menschen in der Zeit zwischen Kriegsbeginn und der endgültigen Okkupation Efrîns am 18. März 2018 ums Leben.
Die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (AANES) erklärt zum fünften Jahrestag der Besatzung von Efrîn: „Trotz all der Zeit, die vergangen ist, hat sich das Leiden der Syrerinnen und Syrer vergrößert und es gibt keine allgemeine Einigung über eine Lösung der syrischen Krise. Darüber hinaus setzt der türkische Staat seine osmanische Besatzung und sein gefährliches Projekt in Syrien fort. Dieses Projekt bringt riskante Folgen mit sich und ist eine der Hauptursachen für Leid, Vertreibung und Zerstörung.“
Klare Vereinbarung zwischen Türkei und Russland
Efrîn sei heute vor fünf Jahren nach 58 Tagen Widerstand als „Ergebnis einer klaren Vereinbarung zwischen dem türkischen Staat und Russland“ besetzt worden, betont die AANES: „Die Völkermordpolitik des türkischen Staates und seiner Banden gegen Efrîn und seine Bevölkerung, die Entführung, das Töten, die Zerstörung der Natur und die kulturelle Plünderung gehen weiter. Es werden Maßnahmen zur Türkisierung der Region getroffen und Kriegsverbrechen begangen. Die Besatzer verändern die Demografie der Region, bauen koloniale Siedlung und verdrängen die ursprünglichen Bewohnerinnen und Bewohner. Gleichzeitig verstoßen terroristische Organisationen gegen das internationale und humanitäre Recht und begehen mit Unterstützung des türkischen Staates schwere Verbrechen. Diese Politik wurde sogar nach dem Erdbeben in der Region fortgesetzt. Diese Katastrophe hat das wahre Gesicht der Söldnerbanden, ihren Rassismus und ihren Hass auf unser Volk offenbart.“
Siedlungsbau für die demografische Veränderung von Efrîn
Feindseligkeit gegen die Identität und die bunte Gesellschaft Syriens
Die AANES gedenkt zum fünften Jahrestag der Besetzung und des Leids von Efrîn der Gefallenen des bis heute andauernden Widerstands und erklärt: „Wir grüßen die Bevölkerung von Efrîn, die gewaltsam von seinem Land vertrieben wurde und trotz der harten Lebensbedingungen in den Lagern in Şehba weiter Widerstand leistet. Was in Efrîn und allen besetzten Gebieten geschieht, ist eine Feindseligkeit gegen die Identität und die bunte Gesellschaft Syriens. Angesichts dieser Feindseligkeit sind alle Kreise innerhalb Syriens aufgerufen, alle Formen von geografischem, nationalem und gesellschaftlichem Rassismus zu unterlassen.“
Forderung nach internationalen Untersuchungen und Sanktionen
Bis zur Invasion war Efrîn die stabilste Region Syriens und galt inmitten eines brutal geführten Bürgerkriegs als sicherer Hafen für unzählige Binnenvertriebene aus anderen Teilen des Landes. Der Angriff auf die ehemals nach dem Kantonsprinzip von Rojava selbstverwaltete Region kam zu einem Zeitpunkt, als eine mögliche politische Lösung nach der weitgehenden Zerschlagung der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) wieder vermehrt diskutiert wurde. Bei ihrem Angriffskrieg bediente sich die Türkei der Unterstützung dschihadistischer Milizen, die durch Ankara ausgebildet, ausgerüstet und finanziert worden waren.
„Wir fordern die aktiven Kräfte in Syrien, die UNO sowie juristische und humanitäre Organisationen auf, ernsthaft zu arbeiten, ihre beschämende Haltung gegenüber Efrîn und den besetzten Gebieten zu beenden und das, was in Efrîn geschieht, als ethnischen Völkermord und Besatzung anzuerkennen. Von der internationalen Gemeinschaft fordern wir, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und ein Untersuchungsteam nach Efrîn zu entsenden, um die tragische Situation zu beobachten“, so die AANES.
Die Befreiung von Efrîn ist eine strategische Entscheidung
Die Bevölkerung von Efrîn war bis zur Besatzung zu mindestens 95 Prozent kurdisch. Über 400.000 Menschen wurden vertrieben, ihre Häuser und Felder beschlagnahmt. Angesiedelt wurden überwiegend turkmenische und arabische Familien aus verschiedenen Ländern, bei denen es sich hauptsächlich um Angehörige der Besatzungstruppen handelt. Die kurdische Sprache wurde faktisch ausradiert, die Namen der meisten Straßen, Plätze, öffentlichen und historischen Orte im Kanton sind mit den Namen von türkischen und islamischen Persönlichkeiten ausgetauscht und insbesondere nach solchen benannt worden, die Verbrechen gegen das kurdische Volk begangen haben. Alleinige Amts- und Unterrichtssprachen sind Türkisch und Arabisch. In allen Schulen ist das islamische Rechtssystem (Scharia) Pflichtfach. Die türkische Siedlungspolitik zur Veränderung der Bevölkerungsstruktur wird von Organisationen aus Katar und Palästina unterstützt.
Für die AANES hat ein Ende der Besatzung eine strategische Bedeutung: „Die Befreiung von Efrîn ist für uns eine strategische Entscheidung, und wir werden nicht zulassen, dass irgendwo auf der Welt darüber verhandelt wird. Wir verurteilen die regionalen und arabischen Mächte, die die Besatzungsprojekte der Türkei gegen unser Volk unterstützen. Wir lehnen alle Vereinbarungen zwischen der Türkei und anderen Unterstützern, einschließlich des syrischen Regimes, auf Kosten des syrischen Volkes ab. Im Sinne einer Lösung für ganz Syrien werden wir das gerechte Modell der Demokratischen Moderne für das syrische Volk aufbauen."