Şêrawa: Trotz allem Bildung!

Die Region Şêrawa wird von der Türkei bedroht und durch das Assad-Regime abgeriegelt. Der Schulbildung der Kinder tut das allerdings keinen Abbruch.

Der Teil der Region Şêrawa, welcher sich nicht unter der Besatzung der Türkei befindet, beherbergt tausende Geflüchtete aus Efrîn, die unter schwierigsten Bedingungen ihr Leben organisieren. Denn nicht nur die ständige Bedrohung und Angriffe durch die Türkei und ihrer islamistischen Partner erschweren das Leben, sondern auch der Druck durch die Regimekräfte, die im Osten der Region präsent sind. Doch auch wenn die Situation für die Menschen alles andere als einfach ist, lässt sich das Bildungskomitee für eine demokratische Gesellschaft (Komîteya Perwerdeya Civaka Demokratîk, KPCD) nicht davon abbringen, den Schulunterricht für die Kinder und Jugendlichen in der Region zu organisieren.

Ohne jegliche Unterstützung von außerhalb unterhält das KPCD in Şêrawa derzeit elf Grundschulen, drei Mittelschulen und zwei Gymnasien. Aus der Not wurden einige Häuser im Bezirk in Schulen umgewandelt. In diesen Schulen wird nicht nur auf Kurdisch gelehrt, sondern arabischstämmige Schüler*innen können den Schulunterricht auch in ihrer Muttersprache genießen. Wir sprachen mit Zeyneb Gubari vom Bildungskomitee in Şêrawa über die Herausforderungen bei der Schulbildung, seitdem Efrîn durch den türkischen Staat völkerrechtswidrig besetzt wurde.

Seit der Besatzung hat sich viel verändert

Gubari erklärt uns, dass es bereits vor der Besatzung ein funktionierenden Bildungssystem in Şêrawa gegeben hat. Allerdings habe die Flucht von vielen tausenden Menschen die Situation stark verändert.  Zudem seien auch die Gebiete in Şêrawa, die nicht besetzt wurden, permanenten Angriffen der türkischen Armee und ihrer Partner ausgesetzt. „Sie wollen mit diesen Angriff uns auch hier in die Flucht treiben. Doch den Angriffen zum Trotz haben wir unser Bildungssystem weiterentwickelt und halten noch stärker an Schulbildung fest. Wir haben hier im vergangenen Jahr alle Dörfer besucht und die Schüler*innen für den Unterricht gewonnen. So haben wir unsere Schulen eröffnet. Als die Zahl der Geflüchteten anstieg, benötigten wir zudem neue Schulgebäude. Wir haben uns also auf die Suche nach großen Häusern und Gebäuden gemacht. Auf diese Weise haben wir die Probleme einigermaßen in den Griff bekommen“, so Gubari.

Arabischsprachiger Unterricht

Um Unterricht nachzuholen, aber auch Lehrer*innen auszubilden, fanden auch in den Sommerferien Bildungseinheiten der KPCD statt. Gubari begreift den Schulunterricht auch als wichtige Maßnahme, um die psychischen Wunden der Schüler*innen zu heilen, die sie im Zuge der traumatischen Erlebnisse bei der Besatzung von Efrîn erlitten haben.

Derzeit arbeiten 157 Lehrer*innen in Şêrawa, 14 von ihnen unterrichten auch Arabisch. Dieses Angebot richtet sich in erster Linie an die arabischen Kinder, die mit ihren Familien in den Geflüchtetencamps von Şêrawa Zuflucht gefunden haben. Für sie ist also der muttersprachliche Schulunterricht ebenso gewährleistet wie für die kurdischen Schüler*innen.

Insgesamt besuchen rund 450 Schüler*innen die elf Grundschulen der Region. Die drei Mittelschulen werden von rund 200 Schüler*innen besucht und auf den beiden Gymnasien befinden sich etwa 70 Schüler*innen. Neben Kurdisch und Arabisch wird in den Schulen auch Englisch gelehrt, wie Gubari erklärt.

Kein Abbruch von türkischen Angriffen

Gurabi weist darauf hin, dass die türkischen Angriffe auf Şêrawa kein Ende nehmen. Immer wieder seien Raketen in der unmittelbaren Nähe von Schulen eingeschlagen. „Das hat natürlich eine verstörende Wirkung auf die Schüler*innen. Oft muss sich das Lehrpersonal tagelang darum bemühen, die Kinder wieder zu beruhigen. Wir mussten die Eltern wieder überzeugen, ihre Kinder in die Schulen zu schicken. Das Dorf Sixuneke wird beispielsweise immer wieder angegriffen. Wir mussten deshalb die Schule dort auflösen und die Schüler*innen auf andere Schulen verteilen“, erklärt sie.

Unterstützung für Unterrichtsmaterialien erhalte das Bildungskomitee lediglich von der Autonomieverwaltung. Von  internationalen Hilfsorganisationen gebe es hingegen keinerlei Hilfen. Ein weiteres schwerwiegendes Problem stelle die Situation in den Dörfern Bircqasê , Kilotê, Gundê Mezin und Başemre dar. Diese Dörfer sind abgeschnitten vom Rest von Şêrawa. Um in diese Dörfer zu gelangen, müssen die Menschen Gebiete passieren, die vom Regime kontrolliert werden. Und gerade in den Schulen der Dörfer herrsche akuter Lehrer*innenmangel. „Wir versuchen zu helfen und entsenden von hier aus Lehrerkräfte. Doch das Regime schließt willkürlich die Straße und macht dadurch den Weg zu den Dörfern unmöglich. Auch mit solchen Problemen haben wir zu kämpfen", so Gurabi