Im nordsyrischen Kanton Şehba haben tausende Menschen am Freitag gegen das Embargo des Regimes gegen die Region demonstriert. Die Führung in Damaskus wurde aufgefordert, die Blockade über Şehba sowie die kurdischen Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiyê in Aleppo umgehend aufzuheben und die Checkpoints zur Aufrechterhaltung des Embargos aufzulösen. Andernfalls drohe eine humanitäre Katastrophe.
Entschlossen zum Widerstand © ANHA
Das Embargo gegen Şehba und Teile Aleppos wird seit 2019 vom syrischen Regime aufrechterhalten, Mitte März wurde es nochmals verschärft. An den Kontrollpunkten zwischen Regime- und Autonomiegebiet sind Soldaten der berüchtigten 4. Division der syrischen Armee im Einsatz und verhindern, dass Grundgüter wie Mehl, Milch und Treibstoff sowie Medikamente in die selbstverwalteten Regionen gelangen. Seit Tagen werden die dortigen Bäckereien auch nicht mehr mit Brot des Regimes beliefert. Und dass, obwohl die Mehldepots in Şêxmeqsûd und Eşrefiyê seit Wochen leer sind. In den Bezirken leben rund 200.000 Menschen, darunter auch einige zehntausend Vertriebene aus Efrîn. Über die Stadtteile läuft auch die Versorgung der Bevölkerung im angrenzenden Şehba.
Sitzstreik auf der Straße nach Aleppo © ANHA
„Seit elf Jahren dauert die Syrien-Krise inzwischen an. Dennoch pocht das Regime nach wie vor auf eine militärische Lösung, statt den Weg des politischen Dialogs einzuschlagen“, sagte der Ko-Vorsitzende des Kantonsrats von Şehba, Îsmaîl Mûsa, in einer Rede. „Durch eine systematisch betriebene Embargopolitik soll das Volk ausgehungert werden. Nicht nur unsere Regionen sind davon betroffen, sondern weite Teile von Syrien“, ergänzte Leyla Heftaro, die dem Vorstand des Exilrats von Efrîn angehört. Die Region sehe sich einer humanitären Krise gegenüber. „Damaskus muss seine Politik der Aushungerung aufgeben und das Embargo umgehend aufheben. Auch fordern wir die Auflösung der Checkpoints der 4. Division“, hieß es weiter.
Eine Demonstrantin zeigt das Victory-Zeichen, vor ihr liegt ein Checkpoint des syrischen Regimes © ANHA
Die Demonstration startete im südlich von Tel Rifat gelegenen Kreis Ehras und führte über die Straße Richtung Aleppo bis zu einem syrischen Kontrollpunkt. Lautstark wurde dabei immer wieder „Schäm dich, Damaskus“ und „Nieder mit dem Embargo“ skandiert. Im weiteren Verlauf mündete der Marsch in einen Sitzstreik. In einer zum Abschluss verlesenen Erklärungen richteten die Kantonsräte von Şehba und Efrîn einen Appell an internationale Organisationen für Menschenrechte und Flüchtlingshilfe.
Unzufriedene Gesichter bei den syrischen Militärs © ANHA
„Wir fordern einen nachhaltigen Einsatz gegen die Blockade über unseren Regionen. Es muss Druck auf Damaskus ausgeübt werden, damit das Embargo aufgehoben werden. Auch rufen wir einschlägige Stellen dazu auf, vor Ort die von der Türkei und ihren Verbündeten in unseren Regionen verübten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu untersuchen.“