Journalistin Nazila Maroofian erneut verhaftet

Die Journalistin Nazila Maroofian ist erneut in Iran verhaftet worden. Die 23-Jährige hatte erst am Sonntag das Evin-Gefängnis in Teheran verlassen und wurde bei ihrer neuerlichen Festnahme auf einer Polizeiwache offenbar misshandelt.

Die Journalistin Nazila Maroofian ist erneut vom iranischen Regime verhaftet worden. Die 23-Jährige hatte erst am Sonntag das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran, in dem sie seit Anfang Juli inhaftiert war, verlassen. Seit gestern Abend befindet sie sich nun in der Haftanstalt Qarchak. Das Gefängnis in Waramin südlich der iranischen Hauptstadt Teheran ist auch als „Hölle auf Erden“ bekannt.

Warum Maroofian gerade einmal 24 Stunden nach ihrer Entlassung wieder verhaftet wurde, ist unklar. Laut dem Journalisten Shahed Alavi von Iran International erfolgte die Festnahme der Kurdin auf dem Polizeirevier Nummer 106 in Teheran. Dort sei sie zudem misshandelt worden. Ein Beamter habe Maroofian mit „schweren Schlägen“ auf den Hinterkopf traktiert, schrieb Alavi im Kurznachrichtendienst X (früher Twitter).

Maroofian hätte die Wache in Begleitung ihrer Mutter aufgesucht, um sich ihr Handy aushändigen zu lassen. Das Mobiltelefon war im Juli bei einer Razzia in der Teheraner Wohnung der Journalistin beschlagnahmt worden. Auch ihre Mutter sei gestern kurzzeitig festgenommen, schrieb Alavi. Sie befinde sich entgegen ihrer Tochter aber wieder auf freiem Fuß.

Wegen Interview mit Jina Aminis Vater verurteilt

Nazila Maroofian studiert an der Teheraner Allameh-Tabatabai-Universität und arbeitet für die Medienplattform Rouydad 24. Sie stammt ursprünglich aus Seqiz in Ostkurdistan, dem Heimatort von Jina Mahsa Amini. Der gewaltsame Tod der 22-Jährigen in Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei im vergangenen September war der Auslöser der „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution – die größte Protestwelle, welche die Islamische Republik Iran seit ihrer Gründung im Jahr 1979 erlebt hat.

Am 19. Oktober veröffentlichte Maroofian ein Interview mit Aminis Vater Amjad auf der Webseite „Mostaghel“, für die sie damals schrieb. Darin wies Amjad Amini die offiziellen Angaben zurück, wonach der Tod seiner Tochter durch eine Erkrankung ausgelöst worden sei. Der Titel des kurz darauf bereits wieder entfernten Interviews war eindeutig: „Mahsa Aminis Vater: ‚Sie lügen!‘“ Wenige Tage später wurde Maroofian in Teheran festgenommen und erstmals ins Evin-Gefängnis gebracht, wo sie unter Bedrohungen bei Verhören und psychischer Folter in einer Isolationszelle gleich zu Beginn ihrer Haft zwei leichte Herzattacken erlitt.

Ende Januar wurde Maroofian schließlich wegen „Propaganda gegen das Regime“ sowie „Veröffentlichung von Lügen mit der Absicht, die öffentliche Meinung zu stören” zu zwei Jahren Haft verurteilt, ausgesetzt auf fünf Jahre zur Bewährung. Das Revolutionsgericht in Teheran belegte sie zudem mit einer Geldstrafe und einem fünfjährigen Ausreiseverbot. Wenige Tage zuvor war Maroofian bereits auf Kaution freigelassen worden. Im Juni, nur Wochen vor ihrer erneuten Verhaftung, wurde sie von „Sicherheitskräften“ in Teheran verprügelt und vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen, weil sie die Kleidervorschriften des Regimes missachtet hätte – sie trug keinen Hidschab.

Alavi: Ihr Leben ist in Gefahr

Aktuell wird Nazila Maroofian nach Informationen von Iran International in der Quarantäne-Station des Frauengefängnisses Qarchak festgehalten – auf Grundlage eines vorläufigen Haftbefehls. Derzeit befinden sich in der Haftanstalt, in der katastrophale bauliche und hygienische Zustände herrschen – das Gefängnis war früher eine Tierhaltungsanlage – offenbar keine politischen, sondern nur kriminelle Gefangene. Shahed Alavi äußerte sich besorgt. Es bestehe die Gefahr, dass Maroofian in den Trakt der hochgefährlichen Insassinnen verlegt wird. Nimmt man noch die gefährdete Gesundheit der 23-Jährigen hinzu, besteht Lebensgefahr, glaubt Alavi. Erst vorletzten Samstag war Maroofian wegen Kurzatmigkeit und Herzrasen in das Taleghani-Krankenhaus in Teheran eingeliefert worden. Schon nach ein paar Stunden hatte sie die Klinik wieder verlassen und war in die Frauenabteilung des Evin-Gefängnisses zurückgebracht worden.