Erdoğan-Karikatur: Staatsanwalt geht gegen „Charlie Hebdo“ vor

Wegen einer Karikatur des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan geht die Generalstaatsanwaltschaft von Ankara gegen vier Mitglieder der Belegschaft des französischen Satireblattes „Charlie Hebdo“ vor.

Wegen einer Karikatur des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan geht die Generalstaatsanwaltschaft von Ankara gegen vier Mitarbeiter*innen der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ vor. Wie die türkischsprachige „Deutsche Welle“ berichtet, fordert die Staatsanwaltschaft bis zu vier Jahre Haft für die Urheberin der Karikatur, Alice Petit, und die drei leitenden Redakteure Gérard Biard, Julien Sérignac und Laurent Sourisseau wegen „Präsidentenbeleidigung“. Die Veröffentlichung der Karikatur im vergangenen Oktober hatte die Spannungen zwischen Paris und Ankara weiter vertieft.

Die Karikatur auf der Titelseite von „Charlie Hebdo“ mit dem dazugehörigen Spruch „Erdoğan - privat ist er sehr lustig“ zeigte einen halbnackten AKP-Chef mit einer Dose Bier, wie er den Rock einer verschleierten Frau hochhebt und deren nacktes Hinterteil entblößt. Die Sprachblase dazu: „Ohh! Der Prophet!“ Erdoğan sprach damals von einem „widerwärtigen Angriff“. Der stellvertretende Kultur- und Tourismusminister der Türkei, Serdar Çam, twitterte: „Vous êtes des bâtards. Vous êtes des fils des chiennes“ (deutsch: „Ihr seid Bastarde, Ihr seid Hurensöhne.“).

„Vulgär, obszön, ehrverletzend“

In seiner Anklageschrift bezeichnet der Staatsanwalt die Zeichnung als „vulgär, obszön und ehrverletzend“. Sie falle „in keiner Weise unter die Meinungs- oder Pressefreiheit“. Für einen Prozess muss die Anklageschrift allerdings noch formell von einem Gericht angenommen werden. Die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen warf der Türkei am Freitag vor, ihre Zensur auch auf andere Länder ausweiten zu wollen.

Streit zwischen Erdoğan und Macron

Ausgelöst hatten die Spannungen zwischen Frankreich und der Türkei im vergangenen Jahr Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach dem Anschlag auf den Lehrer Samuel Paty, der im Oktober bei Paris von einem Islamisten enthauptet wurde. Paty hatte die umstrittenen Mohammed-Karikaturen in seinem Unterricht durchgenommen, die zuvor von „Charlie Hebdo“ erneut veröffentlicht worden waren. Im Namen der Pressefreiheit hatte Macron damals die erneute Veröffentlichung der Karikaturen verteidigt. Für scharfe Kritik sorgte zudem ein Gesetz, mit dem Macron nach den Anschlägen von Paris und Nizza verstärkt gegen Islamisten vorgehen und die Einflussnahme der Türkei und anderer Länder auf französische Moscheen begrenzen will.