Rund um die Pressekonferenz zum Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Erdoğan am 28. September 2018 im Bundeskanzleramt wurde von presserechtlich bedenklichen Vorfällen berichtet: So wurde der seit Jahrzehnten in Deutschland lebende türkische oppositionelle Journalist Ertugrul (Adil) Yigit wegen eines T-Shirts mit dem Aufdruck „Gazetecilere Özgürlük - Pressefreiheit für Journalisten in der Türkei" während der Pressekonferenz aus dem Raum geführt. Ein AFP-Reporter meldete unangemessene Fragen des Sicherheitspersonals bezüglich der beabsichtigten Inhalte seiner Berichterstattung.
Fehlendes Problembewusstsein
Die Fraktion DIE LINKE reichte zu den Abläufen auf der Pressekonferenz eine Kleine Anfrage ein, deren Beantwortung durch das Bundespresseamt nun vorliegt. Doris Achelwilm, medienpolitische Sprecherin der Linksfraktion, kommentiert: „Die Bundesregierung zeigt zu den Vorgängen auf der Pressekonferenz kein großes Problembewusstsein. Damit rechtfertigt sie Eingriffe in die Pressefreiheit und verpasst ein weiteres Mal, sich mit klarer Haltung von einem Despoten abzugrenzen. Dass Erdoğan die freie Presse in der Türkei seit Jahren massiv bekämpft, ist bekannt. Umso wichtiger wäre es gewesen, ihm bei seinem Staatsbesuch vor Augen zu führen, dass die Pressefreiheit in Deutschland klar und ohne Abstriche geachtet wird. Die Bundesregierung sollte die Vorfälle aufklären und sich dringend für die Wahrung uneingeschränkter Pressefreiheit einsetzen, auch im eigenen Haus."
Gewalttätige Sicherheitsleute
„Gegenüber Adil Yigit wurde der Rauswurf von Seiten des BKA auch damit begründet, türkische Security könnten aggressiv auf ihn reagieren. Es ist völlig unglaubwürdig, wenn die Bundesregierung nun keine Kenntnis von der Anwesenheit türkischer Sicherheitsleute während der Pressekonferenz haben will", erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Ulla Jelpke zur Antwort der Bundesregierung. Die Abgeordnete weiter: „Oppositionelle türkische Journalist*innen haben mehrere Bodyguards des türkischen Präsidenten im Raum identifiziert. Da Erdoğans Sicherheitsleute wiederholt bei Auslandsreisen des türkischen Präsidenten gewalttätig gegenüber Kritiker*innen einschließlich oppositionellen Journalist*innen wurden, handelt es sich hier um keine Lappalie. Auf keinen Fall darf der Eindruck entstehen, die Bundesregierung dulde ein Bedrohungsszenario gegenüber kritischen Journalist*innen auf ihren Pressekonferenzen."