Die Angst vor kurdisch-deutschen Wörterbüchern

Bei der Razzia im Mezopotamien-Verlag und bei Mir Multimedia sind Tausende Bücher, CDs und das Musikarchiv beschlagnahmt worden. Unter den Büchern sind sogar kurdisch-deutsche Wörterbücher und Kinderbücher.

Der Verlag Mezopotamien wurde im Jahr 2000 gegründet, Mir Multimedia ein Jahr später. Beide Einrichtungen dienten der kurdischen Kultur und boten den in Europa lebenden Kurdinnen und Kurden Tausende kulturelle, literarische und künstlerische Werke an. Mit wachsender Repression des AKP-Regimes gegen kurdische Einrichtungen in der Türkei wurde die Verantwortung der beiden in Deutschland arbeitenden Einrichtungen größer.

Im Rahmen eines vom deutschen Innenminister Thomas de Maiziere angeschobenen Ermittlungsverfahrens wurden der Verlag und das Musikhaus in AKP-Manier am Donnerstagmorgen um 5.00 Uhr von der Polizei überfallen und sämtliches Inventar beschlagnahmt. Unter den beschlagnahmten Büchern befinden sich Lehrbücher der kurdischen Sprache sowie Klassiker der Weltliteratur von Tolstoi, Stefan Zweig, Eduardo Galeano, Jack London, John Steinbeck, Victor Hugo, Dostojewski und Gogol. Im Angebot des Verlags sind 828 Bücher in kurdischer, türkischer und deutscher Sprache, darunter von Abdullah Öcalan, Mehmet Uzun, Yaşar Kemal, Orhan Pamuk, Elif Şafak, Aslı Erdoğan, Selahattin Demirtaş und Amin Maalouf. Auch kurdisch-deutsche Wörterbücher und Kinderbücher sind beschlagnahmt worden. Der Verlag Mezopotamien ist international bekannt und jedes Jahr auf der internationalen Buchmesse in Frankfurt vertreten.

Das Musikhaus Mir Multimedia ist eine der wichtigsten Einrichtungen für kurdische Musik. Seit der Gründung im Jahr 2001 sind ungefähr 500 CDs Hunderter kurdischer Musiker*innen herausgegeben und Tausende Konzerte organisiert worden. Bei der Durchsuchung wurden sämtliche Alben, das Archiv sowie das Studioinventar beschlagnahmt worden.

Hozan Cevadê Mervanî ist einer der Künstler, der für Mir Multimedia arbeitet. Die polizeiliche Maßnahme gegen die kurdische Kultur bezeichnet er als Unterdrückung, wie sie bisher nur aus der Türkei bekannt gewesen ist: „Unter den beschlagnahmten Gegenständen befindet sich ein Archiv mit 500.000 kurdischen Liedern, die wir weltweit gesammelt haben. Es ist ein Archiv, das in 35 Jahren aufgebaut wurde.“