Solidarität mit Mexmûr: Festnahmen in Bern

Mit einer Aktion des zivilen Ungehorsam im irakischen Konsulat in Bern haben sich Aktivist:innen der kurdischen Jugendbewegung mit dem belagerten Geflüchtetencamp Mexmûr im Nordirak solidarisiert. 14 Personen wurden festgenommen.

In Bern sind 14 Aktivist:innen bei einer Solidaritätsaktion für Camp Mexmûr festgenommen worden. Das selbstverwaltete Geflüchtetenlager in Südkurdistan wird seit einer Woche von der irakischen Armee belagert und soll in ein riesiges Freiluftgefängnis verwandelt werden. Der Volksrat von Mexmûr hat die internationale Öffentlichkeit dringend zur Solidarität aufgerufen, die Menschen im Camp leisten weiter Widerstand gegen die Errichtung von Gräben und Zäunen.

Dem Aufruf sind Aktivist:innen der kurdischen Jugendbewegungen TCŞ („Revolutionäre Jugendbewegung“) und TekoJIN („Bewegung kämpferischer junger Frauen“) gefolgt und haben eine Aktion des zivilen Ungehorsams im irakischen Konsulat in Bern durchgeführt. „Als kurdische Jugend stehen wir an der Seite der Menschen in Mexmûr und werden nicht zurückweichen. Mexmûr ist ein Camp des Lebens, wir wehren uns gegen die Besatzung des Lebens“, erklärten die Jugendaktivist:innen. Hinter der irakischen Militärbelagerung stehe der türkische Staat und wie die vor dreißig Jahren aus Nordkurdistan vertriebene Bevölkerung von Mexmûr werde sich die kurdische Jugendbewegung weder der Türkei noch dem Irak ausliefern.


Konsulatsangestellte informierten die Polizei, 14 Aktivist:innen wurden festgenommen und in Handschellen abgeführt. Die kurdische Jugendbewegung in Europa fordert die sofortige Freilassung der Festgenommenen und ruft zu weiteren Solidaritätsaktionen für Mexmûr auf.

Hintergrund: Was geschieht in Mexmûr?

In Mexmûr, das sich südwestlich von Hewlêr (Erbil) in einem zwischen der südkurdischen Regionalregierung und der irakischen Führung in Bagdad umstrittenen Gebiet befindet, leben etwa zwölftausend Menschen. Ein Großteil der Bevölkerung wurde in den 1990er Jahren im Zuge der antikurdischen „Aufstandsbekämpfung“ und der sogenannten Politik der verbrannten Erde – unter dem Vorwand, die PKK zu bekämpfen, wurden damals etwa 3.000 Dörfer entvölkert oder niedergebrannt – vom türkischen Staat vertrieben. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben die Menschen 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit.

Offiziell steht Mexmûr unter dem Schutz und der Kontrolle des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), praktisch ist die Organisation aber nur nominell präsent. Sie verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück.

Seit 2019 ist das Lager einem Embargo der von der Barzanî-Partei PDK dominierten Regierung der Kurdistan-Region Irak (KRI) ausgesetzt. Der Barzanî-Clan kollaboriert mit dem türkischen Staat, der Camp Mexmûr seit Jahren kontinuierlich und völkerrechtswidrig mit Drohnen angreift.

Am vergangenen Samstag ist die irakische Armee in Begleitung von Vertretern des irakischen Innen- und Verteidigungsministeriums ohne vorherige Ankündigung in Mexmûr eingetroffen, um das Lager mit Stacheldraht einzäunen zu lassen. Das Militär ist mit Dutzenden Panzerfahrzeugen angerückt, um die Anordnung der Regierung in Bagdad durchzusetzen. Dazu gehört neben einer Umzäunung auch die Stationierung von irakischen Polizei- und Militäreinheiten, die Schließung aller Ein- und Ausgänge bis auf den Hauptzugang, die Installierung von militärischen Betonbarrieren auf dem Zufahrtsweg und die Aufstellung von Beobachtungstürmen. Die Bevölkerung des selbstverwalteten Lagers ist gegen die Militarisierung von Mexmûr und hält Wache gegen die Belagerung.