Zwei gefallene Brüder und ein Sohn bei der Guerilla

Ahmet Aslan hatte neun Geschwister, seine beiden Brüder sind im kurdischen Befreiungskampf gefallen. Jahre später ist auch sein Sohn zur Guerilla gegangen.

Die beiden Brüder von Ahmet Aslan sind im kurdischen Befreiungskampf gefallen, sein Sohn ist immer noch in den Bergen. Die Familie stammt aus Hewrê in der nordkurdischen Provinz Amed (tr. Diyarbakir) und ist in den 1970er Jahren in die Provinzhauptstadt gezogen. Neben seinen gefallenen Brüdern hat Ahmet Aslan sieben Schwestern. Von seinen Brüdern erzählt er:

„Mein kleiner Bruder Mehmet hat 1991 sein Studium als Bauingenieur an der Dicle-Universität abgeschlossen. Mein anderer Bruder Welat ist nach unserem Umzug aus dem Dorf in Amed geboren und hat hier Abitur gemacht. Er bekam einen Studienplatz an der Technischen Universität Istanbul. Dort wurde er festgenommen und war eine Weile im Gefängnis. Danach ist er verschwunden. Sein älterer Bruder Mehmet verschwand, während er als Bauingenieur arbeitete. Später erfuhren wir, dass sich beide der Befreiungsbewegung angeschlossen haben.“

Dann kam die Nachricht, dass die beiden Brüder gefallen sind. Der Leichnam des einen Bruders wurde gefunden und in Amed beerdigt. Das Grab des anderen ist bis heute unbekannt. Ahmet Aslan hat jahrelang danach gesucht. Er bekam einen Hinweis, dass sein Bruder im Dorf Düzağaç in Çewlîg (Bingöl) begraben ist. „Wir haben die Spur verfolgt und sind schließlich zu einer Stelle gekommen, an der nach Angaben von Dorfbewohnern das Grab sein sollte, aber dort war nur ein flaches Gelände. Wir haben das Grab nicht gefunden“, schildert Aslan die vergebliche Suche.

2013 folgte Aslans Sohn Ali Firat dem Weg seiner Onkel und ging in die Berge. Er hat nie wieder etwas von ihm gehört. Es sei schwer, die Sehnsucht von Eltern nach ihren Kindern zu beschreiben, sagt er: „Die Gefühle der Mütter sind schwierig in Worte zu fassen. Vielleicht können sie durch die Blicke auf die Fotos an der Wand oder durch das ständige Warten auf das Klingeln an der Wohnungstür beschrieben werden, aber was eine Mutter in einer solchen Situation empfindet, kann wohl niemand anders erklären. Sie bringt ein Kind zur Welt und lässt es aufwachsen, und dann verschwindet es plötzlich. Auch für meinen Vater war es sehr schwer. Die Gefühle meiner Eltern konnte ich als großer Bruder nachvollziehen, aber seitdem mein Sohn gegangen ist, verstehe ich sie noch besser.“

Seine Familie und er würden nicht einmal einer Ameise etwas zu Leide tun wollen, hält Aslan fest: „Wir wünschen uns, dass die kommenden Generationen in Ruhe und Frieden in einer demokratischen Atmosphäre der Geschwisterlichkeit leben können. Einen anderen Wunsch haben Familien wie die unsere nicht. Wir wünschen uns weder Reichtum noch einen hohen Posten. Meine beiden Brüder haben studiert, sie hätten arbeiten und gutes Geld verdienen können, aber sie haben einen anderen Weg gewählt. Einige ihrer alten Freunde haben Karriere gemacht und weichen aus, wenn sie uns sehen. Wir sind unserer Linie immer treu geblieben.“