Zwangsverwalter lässt Geschäfte niederreißen

Nachdem der vom türkischen Staat eingesetzte Treuhänder der Stadtverwaltung der nordkurdischen Stadt Erdîş die Verwaltung in Schulden gestürzt hat, wurde nun damit begonnen, die Läden der Händler*innen abzureißen.

Nachdem die Stadtverwaltungen der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) durch staatlich eingesetzte Treuhänder ausgetauscht worden waren, haben diese Zwangsverwalter in kürzester Zeit die Errungenschaften und Dienstleistungen der Stadtverwaltungen demontiert. Stadtverwaltungen, die ohne Schulden übernommen wurden, sind in tiefe Verschuldung gestürzt worden. Tausende Mitarbeiter*innen wurden ohne Angabe von Gründen, häufig gegen jegliches Recht, entlassen.

Während die Stadtverwaltung von Erdîş (Erçiş) in der Provinz Wan früher offen für die gesamte Bevölkerung war und einen wichtigen Treffpunkt des Austausches und der Selbstorganisierung darstellte, ist sie nun von Mauern und bewaffneter Polizei umgeben.

Bereits mehrfach wurde massive Korruption durch den Zwangsverwalter von Erdîş dokumentiert. So wurden Immobilien aus dem Besitz der Stadtverwaltung weit unterhalb des Marktpreises an Mitglieder der Regierungspartei AKP abgegeben. Der Zwangsverwalter verkaufte sogar Fahrzeuge der Stadtverwaltung und nahm einen Kredit von über 400 Millionen TL, etwa 68 Millionen Euro, auf. Weiterhin wurde der Strand des Wan-Sees zur Immobilienspekulation freigegeben. Unter dem Vorwand der „Erneuerung der Stadt“ wurden Häuser der Bevölkerung abgerissen; nun beginnt der Zwangsverwalter mit der Zerstörung der Geschäfte der Ladenbetreiber*innen, die diese auf ihren eigenen Grundstücken errichtet hatten.

Sie haben damit begonnen, unsere Arbeitsplätze willkürlich zu schließen“

Die Ladenbetreiber*innen von Erdîş erklären, dass jegliches Recht missachtet wird und verurteilten das Vorgehen des Zwangsverwalters und der AKP scharf. Ein Ladenbetreiber, der seit 50 Jahren in Erdîş lebt sagt, Erdîş sei zu einer Barackensiedlung verkommen: „Wenn ich mir Erdîş heute ansehe, dann tut es mir in der Seele weh. Wohin man auch blickt sind Ruinen. Sie haben ihren Anhängern neue Läden eingerichtet, aber uns Menschen aus Erdîş erlauben sie es nicht einmal in unseren Läden zu arbeiten. Zuvor hatten sie bereits die Zigaretten, den Tee, den Zucker und ähnliche Produkte als ‚Schmuggelware‘ beschlagnahmt. Nachdem ihnen diese Ausrede ausgegangen ist, haben sie nun damit begonnen, unsere Geschäfte willkürlich zu schließen. Wir können selbst auf unseren eigenen Grundstücken keine Läden eröffnen. Das ist nichts anderes als blanke Unterdrückung. Sie wissen, dass dies weder mit Recht noch mit Gerechtigkeit zu tun. Sie wenden hier in Erdîş ihre eigenen Gesetze an. Diese Praxis widerspricht dem internationalen Recht.“